Mit Polizei und Militär gegen Flüchtlinge

2. April 2016

Österreich wirft der EU vor, sie schütze kaum die Aussengrenzen. Eine neue Mission zentraleuropäischer Staaten soll Aufgaben von Frontex übernehmen. 

Die Angreifer kommen aus dem Osten und dem Süden. Vereinigt stossen sie auf Griechenland vor, kleinere Einheiten nehmen Sizilien in die Zange. Zu erwarten sind Vorstösse aus dem Norden und über die Adria. Jene Karte, die das österreichische Verteidigungsministerium gestern an Journalisten verteilte, lässt nur einen Schluss zu: Europa ist in höchster Gefahr! 


Die Migrationskarte des Verteidigungsministers. 

Dabei stellen die gelben und braunen Pfeile keine feindlichen Truppen dar, sondern «Migranten». Das Wort «Flüchtlinge» liess Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) aus seinen Reden und Dokumenten streichen. Er spricht nur mehr von «Migrationskrise» oder «Migrationsthematik». Darum bekommen die Journalisten eine «Migrationskarte» mit ehemaligen, aktuellen und möglichen zukünftigen Routen jener Menschen, die aus Zentralafrika, aus Syrien, dem Irak, Afghanistan kommen. Betrachtet der Minister sie alle als Wirtschaftsmigranten? Doskozil gibt darauf keine konkrete Antwort. 

Wie sich Europa vor der nächsten «Migrationswelle» schützen könne, das diskutierte der Minister gestern in Wien im Rahmen einer «Zentraleuropäischen Verteidigungskooperation» mit Amtskollegen oder deren Stellvertretern aus Ungarn, Polen, Tschechien, der Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, Montenegro und Mazedonien. Griechenland war wieder einmal nicht eingeladen worden, Deutschland schon. Er habe jedoch keine Antwort erhalten, sagt Doskozil. 

Unterstützung für Mazedonien 

Grund des Treffens war vor allem die österreichische Unzufriedenheit mit der Arbeit der EU-Kommission und der Grenzschutztruppe Frontex in dieser Krise. Frontex sei überfordert, die EU-Kommission mit den Rückführungen im Verzug, ärgert sich Doskozil. Er wirft der EU vor, statt Massnahmen zu setzen, nur «akademische Diskussionen» zu führen. 

Österreich möchte deshalb in Kooperation mit den östlichen Nachbarn und den Balkanstaaten eine «zivil-polizeiliche militärische Mission» zum Schutz der EU-Aussengrenzen ins Leben rufen. Die zentraleuropäischen Verteidigungsminister wollen das Projekt in einem Brief an EU-Aussenkommissarin Frederica Mogherini vorschlagen und es beim EU-Rat der Verteidigungsminister am 19. April in Luxemburg thematisieren. 

Die Mission soll vor allem Mazedonien beim Schutz seiner Grenze unterstützen, aber auch Aufgaben von Frontex übernehmen. Je stärker Frontex wird, desto mehr könnte die zentraleuropäische Mission wieder zurückgefahren werden. Welches Land sich mit welchen Truppen an der Grenzschutz-Mission beteiligt, ist noch völlig unklar. Das zu diskutieren, sei zu früh, sagt Österreichs Verteidigungsminister. Wichtig sei die gemeinsame Linie. 

Noch einen Haken hat die Initiative: Länder wie Griechenland, Bulgarien oder Italien, die eine EU-Aussengrenze haben und vom Flüchtlingsstrom betroffen sind, wissen offiziell noch gar nicht davon. Doskozil will deshalb kommende Woche «unsere Beschlüsse nach Griechenland transportieren». Schon bei der von Österreich initiierten Innenministerkonferenz, auf der die Grenzsperren entlang der Balkanroute beschlossen wurden, waren die Griechen nicht eingeladen worden. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ist seither in Athen Persona non grata.