Orban umgibt sich mit Jasagern

14. Mai 2012

Der ungarische Premier bestellt einen neuen Leiter für die IWF-Verhandlungen. Auch weitere Anhänger werden mit Posten belohnt.

Wenn der Internationale Währungsfonds demnächst wieder mit Ungarn verhandeln sollte, wird er in der ungarischen Delegation neue Gesichter sehen. Der bisherige Leiter des Verhandlungsteams, Tamas Fellegi, wurde von Regierungschef Viktor Orban abgezogen und durch den Finanzexperten Mihaly Varga ersetzt. An dem 47-jährigen Varga wird es nun liegen, die Verhandlungen mit dem IWF wieder in Schwung zu bringen. Zwar hat die EU-Kommission ihren Widerstand aufgegeben und die umstrittenen ungarischen Gesetze sowie den neuen Wirtschaftsplan mit neuen Massensteuern akzeptiert, der IWF sieht aber weiterhin die Unabhängigkeit der Nationalbank bedroht. Varga will die Verhandlungen am 1. Juni beginnen.

 
Vargas Bestellung ist Teil einer umfangreichen Regierungsumbildung, die Orban Ende vergangener Woche abschloss. Neuer starker Mann neben dem Regierungschef ist der bisherige Staatssekretär für Integrationsfragen, Zoltan Balog. Der calvinistische Pfarrer, der fliessend Deutsch spricht, bekam das Super-Ministerium für «menschliche Ressourcen», zu dem unter anderem die Dossiers Soziales und Gesundheit gehören. Auch der bisherige Fraktionschef der Regierungspartei Fidesz, Janos Lazar, darf sich über einen Aufstieg freuen, er wird Minister im Kanzleramt und bekommt damit jenen Posten, den bisher Mihaly Varga hatte.
 

Frauen nicht berücksichtigt

Lazar hatte nach dem Rücktritt von Staatspräsident Pal Schmitt kurzzeitig dessen Agenda übernommen und war als dessen Nachfolger im Gespräch. Regierungschef Orban entschied sich aber dann für den EU-Abgeordneten Janos Ader. Den Posten des Fidesz-Fraktionsvorsitzenden im Parlament bekommt Antal Rogan, ein Budapester Bezirksbürgermeister von Fidesz.
 
Gemeinsam ist den neuen Männern in der Regierung und der Fraktion - Frauen kamen bei der Umbesetzung wieder einmal nicht zum Zug -, dass sie bedingungslos hinter ihrem Regierungschef und Parteiführer stehen und niemals durch ein Wort der Kritik an seiner Politik auffielen. IWF-Delegationsleiter Varga war Gründungsmitglied von Fidesz und Finanzminister in der ersten Orban-Regierung vor zehn Jahren. Er gilt als Kandidat für das Amt des Wirtschaftsministers. Der derzeitige Minister, György Matolcsy, hat sich mit seiner Wirtschaftspolitik nicht einmal in den Reihen von Fidesz beliebt gemacht. Die jetzt beschlossenen neuen Steuern auf alle Geldtransaktionen sowie auf jedes Telefongespräch und jede SMS dürften seine Popularität nicht gerade steigern.
 

Ländereien billig erworben

In oppositionellen Medien stand in den vergangenen Tagen allerdings nicht die Regierungsumbildung, sondern Grundstücksspekulationen der Familie Orban im Vordergrund. Rund um den Geburtsort des Regierungschefs sollen Orbans Frau und ein befreundeter Bürgermeister als Strohmann sehr billig riesige Ländereien erworben haben. Auch zwei mit Orban befreundete Oligarchen, die als Finanziers der Regierungspartei Fidesz gelten, sollen sehr günstig zu viel Land in Westungarn gekommen sein.
 
Aber auch Viktor Orbans politischer Gegner ist in einen Skandal verwickelt. Der ehemalige sozialistische Regierungschef Ferenc Gyurcsany soll Mitte der 80er-Jahre eine Diplomarbeit an der Universität Pecs verfasst haben, die aufs Haar der Arbeit seines Schwagers gleicht. Der Vorwurf des Plagiats wird in regierungsnahen Medien erhoben, stützt sich allerdings nur auf einen Bericht der Universität. Die Arbeit selbst ist verschwunden. Ferenc Gyurcsany dementiert, und die Polizei erklärte, sie werde nicht ermitteln, da kein Verdacht eines Verbrechens bestehe. Im April war Staatspräsident Pal Schmitt zurückgetreten, weil aufgeflogen war, dass er seine Doktorarbeit grösstenteils abgeschrieben hatte.