Sonderuntersuchung gegen die Deza in Budapest

11. September 2014

Nach einer Durchsuchung bei einer NGO will Ungarn alle Unterlagen über die Kooperation mit der Schweiz.

Am letzten Montag erhielt die ungarische NGO Ökotars Besuch von der Polizei (TA von gestern). Ihr Büro wurde durchsucht, Akten über die Zusammenarbeit mit Norwegen und der Schweiz wurden konfisziert. Gestern bekam Ökotars-Leiterin Viktoria Mora einen Brief der Ermittlungsbehörde Kehi: Für eine Sonderprüfung muss sie bis heute Donnerstag alle Unterlagen über die Kooperation mit der Schweizerischen Entwicklungszusammenarbeit Deza aushändigen. Dazu gehören Verträge, Budgetpläne, Berichte und alle Daten zu den unterstützten Projekten. Begründet wird die ungewöhnliche Aufforderung mit der «Erweiterung der Untersuchungen auf das Rahmenabkommen zwischen dem Schweizerischen Bundesrat und der Regierung der Republik Ungarn». Der Brief liegt dem TA vor.<--break->

Ökotars wickelt Projekte des «Schweizerisch-Ungarischen NGO- und Stipendienfonds» ab, der mit fünf Millionen Franken aus dem Erweiterungsbeitrag gespeist wird. Laut Mora wurden rund 120 ungarische nichtstaatliche Organisationen in das Programm aufgenommen. Heikle politische Projekte sind nicht dabei. Anders als Norwegen, das über Ökotars auch regierungskritische NGOs wie Transparency International Ungarn unterstützt, wollte die Deza bewusst das gute Verhältnis zu den ungarischen Behörden nicht aufs Spiel setzen.

Bei der Razzia am Montag wurden von der Polizei Unterlagen über die Finanzierung durch Norwegen gesucht. Dass dabei auch Deza-Korrespondenz mitgenommen wurde, interpretierte Mora zuerst als «Irrtum». Nun steht fest, dass Kehi gezielt auch die Partnerschaft mit der Deza unter die Lupe nimmt.

Norweger sind besorgt

An sich wäre das gar nicht notwendig: Die Finanzierung ungarischer NGOs durch die Schweiz basiert auf einem trilateralen Vertrag zwischen Deza, Ökotars und der ungarischen Regierung. «Das Büro des Premierministers hat ohnehin alle Unterlagen», sagt Mora.

Kehi ist eine formal autonome Behörde, die öffentliche Ausgaben kontrolliert. Ob diese Kontrolle auch Zuschüsse aus dem Ausland umfasst, ist umstritten. Transparency International Ungarn bezeichnet das Vorgehen gegen Ökotars als «politisch motiviert». Der TA bat das Büro des ungarischen Premierministers um Stellungnahme, wurde aber von einer Pressesprecherin an Kehi verwiesen: «Wir haben damit nichts zu tun.»

Von Kehi kam keine Antwort. Das Departement für Auswärtige Angelegenheiten in Bern will die Situation erst «mit unserer ungarischen Partnerbehörde prüfen» und anschliessend das weitere Vorgehen festlegen. Der Sprecher des norwegischen Europaministers Vidar Helgesen sagt, Norwegen stehe in ständigem Kontakt mit den Schweizer Behörden. Die Schweizer seien über die Lage in Ungarn «genauso besorgt wie wir.»