Aufmarsch der Neonazis

26. August 2013

In acht tschechischen Städten sind Rechtsextreme aufmarschiert und riefen rassistische Parolen gegen die Roma. In Ostrava geriet die Lage ausser Kontrolle.

Zum «Nationalen Kampftag» hatten tschechische Neonazis den vergangenen Samstag erklärt. In acht grösseren Städten des Landes marschierten sie auf, um gegen angebliche Kriminalität der Roma zu protestieren und «Tschechien den Tschechen» zu fordern. Insgesamt gingen laut Polizei rund 1500 Personen auf die Strasse. In der Stadt Duchcov in Nordböhmen demonstrierte die rechtsradikale Arbeiterpartei der sozialen Gerechtigkeit, die bei den vorgezogenen Parlamentswahlen im Oktober kandidieren will. In den anderen Städten (unter anderem in Pilsen und Budweis) traten die im sogenannten Nationalen Widerstand organisierten Neonazis auf.

In den meisten Städten blieben die Aufmärsche dank starker Polizeipräsenz friedlich. Lediglich in der mährischen Industriestadt Ostrava geriet die Lage ausser Kontrolle. Dort versuchten 800 Neonazis der neu gegründeten Gruppe Tschechische Löwen ein Romaquartier zu stürmen. Die Polizei setzte Schlagstöcke und Tränengas ein. Auch die Extremisten verwendeten Knüppel und bauten Barrikaden aus Müllcontainern. Mehrere Polizisten wurden verletzt, 60 Neonazis festgenommen.

Die Aufmärsche am Wochenende zeigen, dass sich die rechtsextreme Szene in Tschechien neu organisiert hat und wieder offensiv auftreten will. Vor drei Jahren gelang es Polizei und Justiz, einige Führer der Szene zu verhaften und teilweise auch zu Haftstrafen zu verurteilen. Von diesem Schlag hat sich die Szene erholt, neue Gruppen mit neuen Führern sind entstanden. Ihre Methoden sind die alten: Sie treten in Städten mit hoher Arbeitslosigkeit und sozialen Problemen auf und geben vor, die Mehrheitsbevölkerung vor den Verbrechen der Roma schützen zu wollen. «Stoppt den schwarzen Rassismus» ist eine ihrer Forderungen, «Nationaler Sozialismus» eine andere.

Die Abneigung gegen Roma geht indes durch alle Gesellschaftsschichten. In Umfragen geben regelmässig etwa 80 Prozent der Befragten an, sie würden nicht neben einer Romafamilie leben wollen. Der tschechische Verfassungsschutz BIS warnte öffentlich, dass die romafeindliche Stimmung die innere Sicherheit gefährde. Die Verfassungsschützer fürchten, dass die Aufmärsche einzelne Personen oder kleine Gruppen zu Gewaltaktionen ermuntern könnten. Vor fünf Jahren verübten vier Neonazis einen Brandanschlag auf das Haus einer Romafamilie in Vitkov. Ein kleines Mädchen wurde dabei lebensgefährlich verletzt. Die Täter wurden gefasst und zu langen Haftstrafen verurteilt.

Starke Gegenbewegung

Allerdings hat sich in jüngster Zeit auch eine starke Gegenbewegung zu den Aufmärschen der Neonazis gebildet. Am Samstag gingen in allen acht Städten Vertreter von politischen Parteien, NGOs und der Kirche gemeinsam mit Roma als Zeichen des Protests auf die Strasse. An den Gegenkundgebungen nahmen mindestens ebenso viele Menschen wie an den Aufmärschen der Neonazis teil.