Fahrtenschreiber der Anarchie
Ob Verkehrsunfälle oder Meteoritenabstürze: Russische Autokameras zeichnen alles auf.
Mit feurigem Schweif zieht die glühende Kugel über den tiefblauen Himmel, bis sie mit einem lauten Knall explodiert. Fenster bersten, Mauern stürzen ein, 1200 Menschen werden verletzt. Astrophysiker sind trotzdem begeistert. Noch nie wurden Flug und Aufschlag eines Meteoriten aus so vielen Perspektiven gefilmt wie jene in Tscheljabinsk.
Die lückenlose Dokumentation eines seltenen Naturereignisses verdankt die Wissenschaft weder Meteoritenspottern noch Sternwarten. Sondern Tausenden russischen Autofahrern, die zu jener Zeit zufällig in den Strassen der Millionenstadt im Ural unterwegs waren.
Viel Lärm um eine Fahne
Ungarn und Rumänien sind in einen neuen Konflikt geraten. Auslöser ist die Fahne einer alten ungarischen Minderheit in Siebenbürgen.
Die Sache sei «noch lange nicht vorbei», droht Ungarns Staatssekretär Zsolt Nemeth dem Nachbarland Rumänien. Aussagen ungarischer und rumänischer Regierungspolitiker deuten darauf hin, dass beide Seiten an einer Eskalation des Konflikts interessiert sind. Ungarn und Rumänien steuern (wieder einmal) auf eine diplomatische Eiszeit zu.
Der Mann aus Eisen
Von der Kettenbrücke bis zu den Tramrädern: Abraham Ganz, Zürcher Industriepionier und Ingenieursgenie, hat im 19. Jahrhundert Budapest geprägt. Er gab sich patriotisch ungarisch, blieb aber zeitlebens Schweizer.
Es war ein beeindruckender Trauerzug. Sechs Pferde zogen die schwarze Kutsche mit dem Sarg. Vor dem Wagen und zu beiden Seiten wurden Fackeln getragen, dahinter riesige Trauerfahnen. Hunderte Menschen folgten zu Fuss, darunter das «gesamte Arbeiterpersonal der Eisengiesserei, das in dem Verstorbenen einen liebevoll fürsorgenden Chef betrauerte», berichtete der «Pester Lloyd» am 18. Dezember 1867.
Die Budapester Kettenbrücke. Foto: B. Odehnal
In Budapest zu Grabe getragen wurde Abraham Ganz - ein Schweizer Unternehmer, dessen Name heute noch an vielen Orten Ungarns anzutreffen ist.
Die Säulen des österreichischen Beamtenstaats wanken
Österreich ist das globale Schlusslicht beim Recht der Bürger auf Akteneinsicht. Eine Bürgerinitiative will das jetzt ändern.
Neulich in Kärnten: Landeshauptmann Gerhard Dörfler wird beschuldigt, die Kampagne für die Abstimmung über das Bundesheer für eigene Zwecke missbraucht zu haben. Er wird dazu von zwei Journalistinnen befragt und faucht zurück: «Was interessiert Sie das? Sind Sie vielleicht Staatsanwältinnen?» Antwort auf die Frage gibt er nicht.
Sölden will nicht Ballermann sein
Ein Tiroler Skiort wehrt sich gegen seine Darstellung in einer deutschen Dokusoap.
Ischgl ist der Katastrophe knapp entkommen. Sölden aber hat es voll erwischt. Obwohl es genug Warnungen gegeben hätte, genug Vorzeichen einer drohenden Gefahr. Aber die wurden natürlich wieder einmal nicht beachtet. Oder als völlig übertrieben abgetan. Das wird schon alles nicht so schlimm, hiess es von den Verantwortlichen. Oder auch: Es kann uns mehr nützen als schaden.
Rumäniens grösster Rüpel
Der Politiker und Geschäftsmann Gigi Becali produziert Skandal um Skandal. Jetzt muss er ins Gefängnis.
Traurig blicken die Löwen mit vergoldeten Mähnen von ihren Steinsockeln. Auch der überlebensgrosse vergoldete Christus am Kreuz hat sein Gesicht abgewendet. Unter den Figuren drehen zwei einsame Wächter ihre Runden entlang der Palastmauer. Zu bewachen haben sie nichts. Das bizarre neobarocke Schloss im Zentrum von Bukarest steht leer. Der Besitzer hat sich ins Ausland abgesetzt. Und lässt von Dubai aus ausrichten, er wolle mit Rumänien nichts mehr zu tun haben.
Die Ausgestossenen
Von den Rechtsextremen werden sie als Parasiten beschimpft, ein regierungsnaher Publizist ruft zu ihrer Vernichtung auf. Wie leben die 750 000 ungarischen Roma in diesem Klima?
Die Gasflasche ist leer. Ilona Molnár kochte gerade Maccheroni, als die Herdflamme mit leisem Zischen erlosch. Das war gestern. Nun kann Molnár ihrer Grossfamilie nur kalte Nudeln mit Quark servieren. Eine neue Gasflasche kann sie erst von der nächsten Rate der Sozialhilfe kaufen, «aber wir wissen nie, wann die kommt».
Adrienn Molnár mit ihrem Sohn Sándor (auf dem blauen Kissen) und weiteren Kindern der Grossfamilie. Foto: Krisztián Bócsi
Der Massenmörder im Schlosspark
Das letzte Stalin-Denkmal Europas findet sich in Wien, weil der Diktator einmal hier wohnte.
Zugegeben: Ein Blickfang ist das Denkmal an der gelben Hauswand eines kleinen Hotels nicht. Autos und Busse rasen auf zwei Fahrspuren daran vorbei Richtung Wiener Stadtzentrum. Und Fussgänger sind in der grauen Strasse selten, wo die umstrittene Marmortafel hängt. Ein Kopf mit markantem Schnauzbart prangt da über der Inschrift: «In diesem Haus wohnte im Jänner 1913 J. W. Stalin. Hier schrieb er das bedeutende Werk ‹Marxismus und die nationale Frage›.» Mitten in Wien und nahe des Barockschlosses Schönbrunn, das jedes Jahr Hunderttausende Touristen anzieht, steht das letzte Stalin-Denkmal Europas ausserhalb der ehemaligen Sowjetunion.
Foto: B. Odehnal
Vom hoffnungslosen Fall zum Mann der Stunde
Ausländischer Staatsbürger, Adliger, Intellektueller: Karel Schwarzenberg hat viele Eigenschaften, die den Tschechen suspekt sind. Dennoch könnte er jetzt zum Staatspräsidenten gewählt werden.
Wie kann man nur so falsch singen? Und so laut noch dazu. Mit tiefem Bass brummte Karel Schwarzenberg in der Siegesfeier nach der ersten Runde der Präsidentenwahlen die tschechische Hymne. Nur traf er dabei keinen einzigen Ton richtig, und der schöne Text von der Suche nach dem Vaterland schmolz unter seinem Schnauzbart zu unergründbarem Nuscheln.
Russen brauchen keine Quote
Österreich wird von neureichen Russen besetzt - und aufgekauft.
Gut, allein in Moskau sollen ja fast zehn Millionen Russen leben.