Zum Wackelsteinerweichen
Niederösterreichs Bauern sprengen die natürlichen Sehenswürdigkeiten des Landes.
Sie stehen schon ziemlich lange in der Gegend rum. Millionen von Jahren. Einfach so. Es gibt Besucher, die kommen extra wegen der Wackelsteine ins nördliche Waldviertel, dieses raue Hochplateau an der Grenze von Österreich und Tschechien, zwei Zugstunden von Wien entfernt.
Schriftsteller kaufen hier halb verfallene Bauernhäuser zwischen den bizarren Findlingen, weil sie sich dort jene Ruhe erhoffen, die sie dringend für das Verfassen ihres neuen Meisterwerks brauchen. Esoteriker und Yogalehrer pilgern zu den Steinen, weil sie sich im Schatten der tonnenschweren Monolithen besonders eins mit dem Kosmos fühlen. Wackelsteine nämlich sind durch Ablagerung oder Verwitterung entstandene Phänomene, die Felsblöcke leicht beweglich auf ihrer Unterlage balancieren lassen.
Viktor Orban erhält einen ernsthaften politischen Gegner
Bei einer Kundgebung zum Nationalfeiertag in Budapest hat Ex-Premier Gordon Bajnai seine Rückkehr in die Politik angekündigt. Er gilt als einzige Figur der Opposition, die die Regierung gefährden könnte.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Die Organisatoren hatten ganze Arbeit geleistet, und auch das Wetter spielte mit. Am gestrigen sonnigen und milden Herbsttag war ganz Budapest auf den Beinen. Alle gedachten an diesem Nationalfeiertag des Aufstands gegen die Kommunisten vor 56 Jahren. Aber Regierung und Opposition taten es streng getrennt voneinander. In der politisch polarisierten Stimmung Ungarns im Jahr 2012 sind Gedenkfeiern über ideologische und parteiliche Grenzen hinweg undenkbar.
«Europa wird sehen: Im Grunde sind wir alle Schweizer»
Der österreichische Autor Robert Menasse fordert die Abschaffung der Nationalstaaten und die Helvetisierung der EU.
Mit Robert Menasse sprachen Luciano Ferrari und Bernhard Odehnal
Copyright: Michèle Pauty / Paul Zsolnay Verlag
«Ich bin ein Fan der Krise», schreiben Sie in Ihrem Buch. Ist das zynisch gemeint?
Nicht ich bin der Zyniker, sondern die politischen Eliten sind es, die in einem nachnationalen Projekt wie der Europäischen Union jedes auftauchende Problem nationalisieren, einer einzelnen Nation in die Schuhe schieben und die Länder dann zu nationalen Kraftanstrengungen zwingen, die das Problem nur noch schlimmer machen. Die Krise aber schafft die Hoffnung, dass die EU-Staatschefs lernen: Kein europäisches Problem kann mehr national gelöst werden. Die Krise erzeugt den Druck, von nationalstaatlich diktierten Vorgaben zu gemeinschaftlichen Lösungen, also wirklich zu Europa zu kommen. In diesem Sinn bin ich froh um die Krise.
«Es war die Hölle auf Erden»
Neue Vorwürfe gegen das Kloster Fischingen: Arnold Büchi, ein ehemaliger Zögling des Kinderheims, erzählt von Zwangsarbeit, sexuellen Übergriffen und Gewalt in den 50er-Jahren.
Sein schlimmstes Erlebnis im Kloster? Arnold Büchi muss kurz nachdenken, und für einen Moment ist es völlig still in der ebenerdigen Wohnung in ZürichSeebach. Waren es die Schläge der Lehrer und Patres? Die Dunkelhaft im Kohlenkeller?
Auch, sagt Büchi dann. Aber das schlimmste Erlebnis sei doch das Untertauchen im Wassertrog gewesen. Dann erzählt der heute 68-Jährige über eine Methode, die an das berüchtigte Waterboarding erinnert, mit dem die US-Armee in den vergangenen Jahren (und vielleicht noch heute) Terrorverdächtige zum Sprechen bringen wollte. Zwei Nonnen hätten ihn links und rechts gepackt, seinen Kopf in den Trog gesteckt und den Wasserhahn aufgedreht, «bis ich keine Luft mehr bekam».
Viktor Orban schwärmt von Blut und Boden
Ungarns Premierminister zieht neue Register der nationalistischen Propaganda und stellt die Staatsgrenzen infrage.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Neulich in Berlin, da klang er noch ganz nach überzeugtem Europäer. Von «grossen Herausforderungen» für den Kontinent sprach Viktor Orban in seiner Grundsatzrede über die Zukunft Europas in den Räumen der Konrad-Adenauer-Stiftung, von der Notwendigkeit eines «Demokratie-Managements» und eines «diskutierenden Europas». Zu Hause klingt das freilich ganz anders.
Der rote Stern wurde zur Kirsche
Osteuropa: In der Krise feiern kommunistische Parteien und Konzepte eine unerwartete Renaissance.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Die tschechische Republik erlebte am letzten Wochenende eine erstaunliche politische Wende, die im Rest Europas kaum beachtet wurde. Bei den Regionalwahlen errang die kommunistische Partei (KSCM) in den Landkreisen Usti (Aussig) und Karlovy Vary (Karlsbad) die relative Mehrheit und erhebt nun den Anspruch, die Regionalregierungen dort zu bilden. Auch in den anderen Kreisen schnitten die Kommunisten gut ab, während die bürgerlichen Regierungsparteien von den Wählern abgestraft wurden. Bei den gleichzeitig durchgeführten Wahlen für den Senat, das tschechische Oberhaus, schafften es 13 kommunistische Kandidaten in die Stichwahl. Gemeinsam mit den ebenfalls siegreichen Sozialdemokraten haben die Kommunisten nun die Mehrheit in den Kreisvertretungen und nach dem zweiten Wahlgang kommenden Sonntag vermutlich auch im Senat.
Die Marketingmaschine Red Bull
Über eine Milliarde Euro steckt Getränkeproduzent Dietrich Mateschitz jedes Jahr in Marketingaktionen. Mit dem Projekt Stratos ist er nun in neue Werbewelten vorgedrungen.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Für den Getränkehersteller Dietrich Mateschitz muss der 14. Oktober ein ganz besonderer Festtag gewesen sein. Besser kann es für den Salzburger Mitbesitzer des Energydrinks Red Bull gar nicht mehr laufen. Erst fahren die Wagen des Bullen-Teams im Formel-1-Grand-Prix von Südkorea auf die Plätze 1 und 2. Und danach gelingt Felix Baumgartner in der Wüste von New Mexico nach fünf Jahren Vorbereitung der Sprung aus der Stratosphäre.
Atlantis an der Donau
Ungarns Hauptstadt Budapest verfällt mit beängstigender Geschwindigkeit.
Bernhard Odehnal, Budapest
«Kommen Sie nur herein, das wird Ihnen sicher gefallen: die beste Wohnung in meinem Portfolio!» Der junge Immobilienmakler ist entweder ein sehr guter Schauspieler oder von seinem Angebot tatsächlich überzeugt: «Ruhelage, top saniert, westlicher Standard», lobt er eine Wohnung, während er die Eingangstür aufschliesst: «So etwas finden Sie sonst nur in Wien oder Zürich.»
Franks Reich
Milliardär Frank Stronach hat sein Vermögen in der Schweiz und seine Firmen auf der ganzen Welt. Jetzt steigt der 80-Jährige in die österreichische Politik ein - und verstört mit seinen Auftritten Gegner und Freunde.
Von Bernhard Odehnal, Wien
«Das ist ein sehr wichtiger Tag, der in die Geschichte Österreichs eingehen wird. Und ich glaube auch, dass das in die Geschichte der Welt eingehen wird.»
Frank Stronach strahlt. Er hat zur Präsentation seiner neuen Partei in die Orangerie des Wiener Barockschlosses Schönbrunn geladen, und viele sind gekommen: Kamerateams, Radioreporter, schreibende Journalisten aus dem In- und Ausland. Doch wer an diesem sonnigen Septembertag eine Pressekonferenz mit Fragen und Antworten erwartete, der wurde enttäuscht. Eine halbe Stunde steht der 80-jährige Milliardär auf der Bühne und lehrt den Journalisten sein Weltbild. Fragen? Sind nicht gestattet. Autogramme gibt Stronach gern.
Pneustechen im Gucci-Kostüm
Wiens Bürgertum probt den Aufstand gegen Parkplatzgebühren.
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