Schwer erziehbare Jugendliche wurden bis in die 1970er-Jahre im Erziehungsheim Wien-Kaiserebersdorf untergebracht. Wer dort Probleme machte, kam in die Außenstelle Kirchberg am Wagram. Deren Geschichte von Isolation, Gewalt und Zwangsarbeit ist bis heute nicht aufgearbeitet.
Veröffentlicht in: Datum, April 2022
«Da kommt mit alles wieder hoch», sagt Rudolf Mydza und schaut sich in dem kalten, düsteren Raum um: «Das war die Korrektionszelle.» Wer sich nicht anständig verhalten habe, sei hierher in den Keller gekommen, für eine Woche. Oder für zwei: «Da hat’s aber kein Bett gegeben, nur Matratzen und eine Decke. Und die Bibel zum Lesen.» Mydza schaut sich noch einmal um, holt mit der Hand die Spinnweben von der Decke. Wie geht es ihm, wenn die Erinnerungen wieder hochkommen? «Arg! Ein ungutes Gefühl.»
Mydza steht im ehemaligen Erziehungsheim des Bundes im niederösterreichischen Kirchberg am Wagram. In der Korrektionszelle war er 1970 mit 16 Jahren eingesperrt. Mydza ist jetzt 69 Jahre alt. Aber noch immer, sagt der muskulöse Mann mit Tätowierungen auf beiden Armen, verfolge ihn Kirchberg in seinen Träumen. Dann spürt er wieder die Kälte und den Schmerz, hört die Schreie aus den Nachbarzellen, sieht die Wächter mit ihren Schlagstöcken, sieht sich selbst im Laufschritt den «Scheißkübel» in den Keller tragen. Kirchberg, sagt Rudolf Mydza, «das war die Hölle auf Erden».
Heute steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Es war Mitte des 19. Jahrhunderts als Gefängnis errichtet worden, damals hatte die kleine Gemeinde zwischen Tulln und Krems noch ein eigenes Bezirksgericht. Bis heute wurde am Originalzustand der Zellen mit ihren massiven Holztüren fast nichts verändert. Als Rudolf Mydza hierher gebracht wurde, war Kirchberg aber schon lange kein Gefängnis mehr. Sondern die Außenstelle der «Bundesanstalt für Erziehungsbedürftige» in Wien-Kaiserebersdorf. Es war das einzige Erziehungsheim in Österreich, das nicht von der Kirche oder einer Landesregierung, sondern direkt vom Justizministerium geführt wurde.
In das Erziehungsheim Kaiserebersdorf kamen Jugendliche, die aus anderen Heimen geflohen oder von dort als schwer erziehbar entlassen worden waren. Die meisten hatten schon mit dem Jugendgericht zu tun gehabt, wegen Diebstahls von Handtaschen oder Raub von Zigaretten. Der Vater von Rudolf Mydza war Traktorfahrer, der Sohn beschreibt ihn als «Trinker und Schläger». Der junge Rudi riss immer wieder aus, erst von zu Hause, dann aus Erziehungsheimen in Niederösterreich. Die Polizei griff ihn auf, nachdem er in Wien mit einem Freund ein Moped gestohlen hatte. Der Richter fällte das Urteil: «Kaiserebersdorf».
Unter den Heimkindern in Ostösterreich galt Kaiserebersdorf damals als die schlimmste Strafe. In «KaE», wie die Zöglinge das Heim nannten, gab es von den 1950er Jahren an bis zur Schließung 1974 offene und geschlossene Abteilungen sowie «Absonderungsstrafen». Das hieß: Isolation bis zu fünf Tage. Wer sich danach in den Augen der Heimleitung noch immer nicht anständig verhielt, kam nach Kirchberg und blieb dort zwischen sechs Wochen und sechs Monaten. Erst, wenn die Zöglinge dort nicht mehr auffielen, wenn sie sich wie befohlen an die Regeln hielten, durften sie aus Kirchberg wieder zurück in das Stammhaus nach Kaiserebersdorf.
Offiziell galt Kirchberg als «Besserungsanstalt». Ehemalige Zöglinge sprechen hingegen bis heute von einer Folteranstalt und von den Erziehern als «Teufel in Menschengestalt». «Die wollten die Jugendlichen dort schlicht und einfach brechen», erzählt Wilhelm Jäger, der 1966 in Kirchberg war: «Bei vielen ist ihnen das auch gelungen.»
Wilhelm Jäger und Rudolf Mydza waren in verschiedenen Jahren in Kirchberg und kennen einander nicht. Aber was sie aus dieser Zeit erzählen, ist fast identisch: Von sogenannten «Erziehern», deren pädagogische Maßnahmen hauptsächlich darin bestanden hätten, mit Knüppel auf Beine und Rücken der Zöglinge zu schlagen. Vom «Häschenhüpfen» als Strafe – aus dem Keller bis in den ersten Stock. Vom Essen aus den Wirtshäusern im Ort, das nur aus Abfällen bestand. Von der Kälte im Haus, weil es immer viel zu wenig Kohle gab. Und von der unendlichen Einsamkeit.
Im Unterschied zur Stammanstalt Kaiserebersdorf waren die Zöglinge in Kirchberg alleine in den ehemaligen Gefängniszellen. Zu anderen Jugendlichen hatten sie höchstens eine Stunde Kontakt, in einem etwa fünf Meter mal fünf Meter großen Hof, umgeben von hohen Mauern. Den Rest des Tages verbrachte jeder in seiner «Zelle» und bekam dort eine Arbeit zugeteilt. Die einen mussten Besen binden und Bürsten kleben, die anderen «Splinten zupfen», also einen Faden durch eine Metallöse fädeln. Daran hing der Preiszettel eines Kleidungsstückes.
Die Jugendlichen mussten – so erzählen es Mydza und Jäger – pro Tag eine vorab bestimmte Stückzahl liefern und dafür 10 Stunden oder länger arbeiten. Schafften sie ihr Pensum nicht, setzte es Schläge oder Essensentzug. Lohn für die Arbeit gab es nicht. «Nach der Arbeit am Abend musste ich vor der Zelle stehen und schreien: ‚Zelle soundso, Mydza, alles in Ordnung‘», erinnert sich Rudolf Mydza. War die Meldung nicht laut genug, setzte es Prügel.
Die Verbrechensopferhilfe «Weißer Ring» hat in den vergangenen Jahren Berichte aus Kaiserebersdorf und Kirchberg gesammelt und bestätigt, dass die Zöglinge «zu Arbeiten verpflichtet wurden, für die sie keine Entschädigung erhalten haben». Daher müsse in diesem Zusammenhang von «Zwangsarbeit» gesprochen werden, sagt der Präsident des Weißen Rings, Udo Jesionek. Unter den Zöglingen kursierten die Namen von Firmen, die damals in der Erziehungsanstalt produzieren ließen. Zumindest eine Firma existiert heute noch. Auf eine Anfrage von «Datum» antwortet sie nicht.
Duschen durften sich die Zöglinge laut einhelliger Erzählungen von Rudolf Mydza und Wilhelm Jäger nur einmal pro Woche. Der «Waschraum» im Keller sei ein kaltes, graues Gewölbe mit einem Rohr als Dusche gewesen. Jäger beschreibt den Raum als «Horror»: «Man musste auch ganz schnell sein, denn das Wasser wurde ohne Vorwarnung abgedreht.»
Wer sich dem Regime in Kirchberg nicht bedingungslos unterwarf, wer bei den «Erziehern» in Ungnade fiel, dem drohten als härteste Strafe die «Korrektur». Selbst da gab es noch zwei Härtegrade der Bestrafung, erzählen die ehemaligen Zöglinge: Die «Holzkorrektur» hatte zumindest noch einen Holzboden, der die Kälte von unten ein wenig abhielt. Es ist jene Kammer, die Rudolf Mydza nach 52 Jahren wieder betreten hat. Die härteste Strafe war die «Steinkorrektur» – ein kahles Kellergewölbe mit Steinboden, sonst nichts. Die Zöglinge sagen, hier hätten sie mehrere Tage verbringen müssen. Völlig isoliert, einzig mit Wasser und Brot durch eine Klappe in der Tür versorgt.
Die Kälte in Kirchberg lebt in der Erinnerung der Zöglinge weiter. Aber nicht nur dort. Sie ist auch in ihren Personalakten spürbar, die von der Heimleitung angelegt wurden. Der Autor erhielt die Vollmachten dreier ehemaliger Zöglinge und konnte im Staatsarchiv die «Führungsberichte» der Erzieher über sie lesen. Aus der Bürokratensprache geht keinerlei Mitgefühl oder Verständnis für die Zöglinge oder ihre Situation hervor. Sie werden als «primitiv», «gefühlsarm» oder «aggressiv» beschrieben.
Archiviert wurden auch die Mitteilungen an die Eltern: «Wir bedauern, Ihnen mitteilen zu müssen, dass Ihr Sohn wegen schlechter Führung vorübergehend in die Nebenstelle der Bundesanstalt, nach Kirchberg am Wagram verlegt werden musste.» Als Begründung für die Strafverschärfung dienten mitunter ärztliche Befunde: «Verstärkt reizbarer, unkontrollierter ixoider Psychopath», heißt es in der Analyse eines damals bekannten Psychiaters über Mydza: «Überstellung nach Kirchberg!»
Von Kirchberg zurück in das normale Anstaltsleben in Kaiserebersdorf schafften es die Zöglinge nur durch totale Anpassung und Unterordnung sowie durch Übererfüllung der Produktionsquoten. «Sehr gute Arbeitsleistung bei Klebearbeiten» steht in einem Führungsbericht. Oder: «Bei Etikettenarbeiten erreichte er von Anfang an das Pensum.» In einem anderen Brief wurde einer Mutter bestätigt, dass ihr Sohn «als Zögling der Bundesanstalt kein Entgelt bekommt».
Die Personalakten aus Kaiserebersdorf bestätigten somit die Erzählungen der Betroffenen: In den 1960er und 1970er Jahren mussten Minderjährige in einem Erziehungsheim des Bundes Zwangsarbeit verrichten.
Auf die untragbaren Zustände in der Bundesanstalt wurden Journalisten des ORF bereits 1971 aufmerksam. In zwei TV-Reportagen kamen neben dem Heimleiter und einem Psychiater auch Zöglinge zu Wort. Auf die Frage des Reporters, was Kirchberg von einem Gefängnis unterscheide, antwortete ein Bursch: «Ned vü». Für den Direktor hingegen kam «für diese Anstalt nur ein überwiegend autoritärer Erziehungsstil in Frage». Der Psychologe lieferte dazu eine wissenschaftliche Erklärung: Kaiserebersdorf habe ständig zwischen acht und zehn «extrem aggressive Jugendliche». Für sie brauche man eine eigene Unterbringung. Das sei Kirchberg. «Wir halten Kirchberg nicht für sehr günstig. Eher für schlecht. Aber ohne eine derartige Anstalt im Hintergrund ist Kaiserebersdorf nicht führbar.»
Nach den fundamentalen Erziehungs- und Justizreformen unter Kanzler Bruno Kreisky und seinem Justizminister Christian Broda war ein autoritär geführtes Erziehungsheim aber nicht mehr haltbar. 1974 wurde es geschlossen. Aus dem Haupthaus Kaiserebersdorf wurde ein Gefängnis für erwachsene Männer, aus der Nebenstelle Kirchberg ein Aktenlager des Bundes. Die Geschichte von Gewalt und Misshandlungen verschwand im Dunklen.
Erst als der sexuelle Missbrauch in kirchlichen Institutionen ein Thema wurde, als danach auch die Gewalt in staatlichen Heimen thematisiert wurde, als Kommissionen eingerichtet und Entschädigungen versprochen wurden, meldeten sich auch Opfer aus Kaiserebersdorf und Kirchberg zu Wort. Für seine Zeit in den Erziehungsheimen Allentsteig und Korneuburg bekam Rudolf Mydza vom Land Niederösterreich eine Entschädigungszahlung von 10.000 Euro. Vom Bund bekam er nichts. Nicht einmal eine Antwort auf seine Fragen. Dabei «wollte ich doch nur die Wahrheit erfahren», sagt Mydza. «Ich wollte wissen, was in den Akten über mich steht.»
Seit 2017 haben Opfer von Gewalt in staatlichen oder kirchlichen Heimen Anspruch auf eine zusätzliche Rente. Zurzeit beträgt die Heimopferrente monatlich 347,40 Euro. Der Anspruch wird durch eine Rentenkommission der Volksanwaltschaft nach einem therapeutischen Gespräch festgestellt. Zusätzlich wurden von den Trägerorganisationen ehemaliger Erziehungsheime einmalige Entschädigungen ausgezahlt. In seinem Jahresbericht für 2019 gibt der «Weiße Ring» Entschädigungen und Therapiestunden für 102 ehemalige Zöglinge aus Kaiserebersdorf an. Das ist bemerkenswert wenig im Vergleich mit anderen Institutionen. Als Opfer der Heime der Wiener Jugendwohlfahrt wurden im selben Zeitraum 2.384 Personen entschädigt.
Heute zahlt der Bund zwar die Heimopferrenten, aber keine Entschädigungen mehr. Die Frist für die Anträge ist längst abgelaufen. Auch das steht im Gegensatz zur Kirche oder mehreren Bundesländern, die ihre Entschädigungsfonds nie geschlossen haben oder sie jetzt wieder geöffnet haben. «Wir sehen, dass es hier noch Bedarf gibt und noch lange nicht alle Opfer entschädigt wurden», sagt der zuständige Volksanwalt Bernhard Achitz: «Wir fordern nun im Fall Kaiserebersdorf, dass auch der Bund wieder Anträge zulassen und Entschädigungen zahlen soll.»
Was genau in Kaiserebersdorf und vor allem in Kirchberg geschah, ist auch wissenschaftlich nicht aufgearbeitet. Es gibt Aufzeichnungen von Betroffenen sowie Bücher von Experten und Historikern zu einzelnen Aspekten. Aber die Gesamtschau fehle noch, sagt der Präsident des Weißen Rings, Udo Jesionek: «Eine zusammenfassende, auf Forschungsergebnissen aufbauende Publikation wäre sinnvoll.»
Bloß: Das Justizministerium zeigt daran kein Interesse. Die Bitte von «Datum» um ein Gespräch zum Thema Kaiserebersdorf lehnt die Medienstelle des Ministeriums ab und verweist auf das Staatsarchiv: Dort hätten alle Betroffenen und Interessierten «die Möglichkeit, Akten einzusehen». Was freilich so nicht ganz stimmt. Einzelne Personalakten können zwar im Forschersaal studiert werden. Doch viel Material aus Kaiserebersdorf werde gegenwärtig erst aufgearbeitet, antwortet ein Mitarbeiter des Staatsarchivs: «Es ist daher noch nicht vollumfänglich zugänglich.» Wie lange die Aufarbeitung dauert, wird nicht gesagt.
Die Medienstelle des Justizministeriums hat noch einen weiteren Ratschlag: Es gebe da einen Kunstverein in Kirchberg am Wagram «der sich vor Ort der Geschichte der Außenstelle widmet und hier auch ein Kunstprojekt initiiert hat». Tatsächlich räumte der Bund sein Aktenlager vor mehreren Jahren und einige Künstlerinnen und Künstler aus der Umgebung begannen, sich mit der düsteren Geschichte des Hauses auseinanderzusetzen.
Doch als «Datum» mit dem ehemaligen Zögling Rudolf Mydza und dem Sozialarbeiter Siegfried Tatschl im Februar 2022 die alten Zellen besucht, sind dort nur mehr klägliche Reste von Kunst zu sehen. In einem Raum hängt das Plakat mit der Erzählung eines ehemaligen Zöglings. In anderen Räumen verweisen Erklärungen auf Installationen die längst deinstalliert wurden. Aus dem Kunstverein haben sich einige Mitglieder zurückgezogen. Die in Kirchberg lebende bildende Künstlerin Hanna Scheibenpflug fand das Gebäude lange Zeit faszinierend, heute hält sie es für «unerträglich». Sie wolle nichts mehr damit zu tun haben, sagt Scheibenpflug: «Es gibt ja verschiedene Idee für die Nutzung. Für mich ist die Atmosphäre aber durch nichts zu reinigen».
Kann man ein historisches Gebäude in zentraler Lage mit wunderbarem Blick über das Donautal auf die Voralpen ungenutzt stehen lassen? Für den für Kultur und Tourismus zuständigen Kirchberger Gemeinderat Franz Aigner kommt das nicht in Frage. Er sucht nach Projekten, welche «eine so negative Geschichte positiv transportieren könnten». Diesen Sommer werden im ehemaligen Erziehungsheim Veranstaltungen des niederösterreichischen Viertelfestivals stattfinden. Für die Sommermonate hat Aigner Studenten der Technischen Universität Wien eingeladen, die ein Nachnutzungskonzept für den Gefängnisbau ausarbeiten sollen. Der Gemeinderat glaubt, dass etwas Schönes entstehen wird.
Andere Pläne hat der Sozialarbeiter Siegfried Tatschl. Er lebt im Nachbardorf, beschäftigt sich seit 20 Jahren immer wieder mit der Geschichte des Hauses, das in Kirchberg heute noch «das Gefängnis» genannt wird. Aber erst durch ein Interview in der Zeitung «Der Standard» stieß Tatschl auch auf einen ehemaligen Zögling. In diesem Interview von 2017 erzählt Wilhelm Jäger zum einen, wie er als Kind im Wiener AKH absichtlich mit Malaria infiziert worden war. Er erzählt aber auch von der Zeit in Kaiserebersdorf: Wie sein Fluchtversuch scheiterte und er als Strafe in die Außenstelle Kirchberg verlegt wurde. Dort habe er Bürsten kleben und Fäden an Kärtchen binden müssen: «4.500 bis 6.000 Stück am Tag, von fünf oder sechs in der Früh bis 21 Uhr.»
Tatschl vertiefte sich in die Materie, fand weitere Betroffene, initiierte ein Forschungsprojekt an der Fachhochschule St. Pölten. Er holte Studentinnen und Studenten zu Diskussionen mit den ehemaligen Zöglingen nach Kirchberg. Die alten Männer konnten zum ersten Mal über ihre Erlebnisse erzählen: «Das war für sie eine echte Befreiung».
Insgesamt über 800 Jugendliche dürften in den 1960er und 70er Jahren in der Nebenstelle Kirchberg festgehalten worden sein: «Viele von ihnen leben sicher noch», vermutet der Sozialarbeiter Tatschl. Er wünscht sich vom Justizministerium die Einsetzung einer eigenen Kirchberg-Kommission. «So, wie es die Kirche und die Bundesländer für ihre Heime gemacht haben.»
Rudolf Mydza hat nach einer halben Stunde in der ehemaligen Erziehungsanstalt genug gesehen. Er hat den ehemaligen Duschraum im Keller erkannt. Er hat sogar die Zellentür gefunden, mit seinen Initialen R.M. die er hier vor 52 Jahren ins Holz ritzte. Mit 18 Jahren wurde er aus Kaiserebersdorf als «unerziehbar» entlassen. Er geriet ins Wiener Rotlichtmilieu, machte für so manche Unterweltgröße den «Bugl», wie die Bodyguards genannte wurden. Nach einem längeren Gefängnisaufenthalt in Graz Karlau kam er auf den rechten Weg zurück.
Heute lebt er mit bei seiner Freundin in einem Weinviertler Dorf. Hätte die in Kirchberg erlebte Gewalt ihn nicht so aggressiv gemacht, wäre sein Leben wohl ganz anders verlaufen, sinniert er. Ohne Abstieg in die Unterwelt. «Was ärgeres als Kirchberg habe ich nicht erlebt», sagt Mydza zum Abschied: «Eigentlich ein Wahnsinn, was die damals mit uns gemacht haben.»