Die Verhaftung, die eine ganze Branche durchschüttelt
Das Leben schien es mit M. S. gut zu meinen. Doch dann schlug die Justiz in der Treuhandfirma des Liechtensteiners zu.
In seiner Bar gingen Prominente aus Sport und Showbusiness ein und aus, seine Treuhandfirmen hatten Kunden aus St. Moritz, aus Kanada, Israel und von den Bahamas. Auch wenn S. in den USA von der Justiz gesucht wurde: In seiner Heimat Liechtenstein war der heute 53-Jährige ein angesehenes Mitglied der Gesellschaft. In Liechtensteiner Medien tauchte er als Gesellschaftslöwe auf oder als Finanzexperte auf der Suche nach neuen Geschäftsmodellen für Treuhänder: Liechtenstein solle reichen Familien «einen Platz für den Wohlstand» anbieten.
Liechtenstein in a nutshell: Links die Banken, rechts die Treuhänder, darüber der Fürst.
Nun bekam S. selbst einen neuen Platz zugewiesen. Von der Liechtensteiner Justiz. Im Gefängnis.
Der letzte Zeuge
Der Russe Alexander Perepilitschny starb vor fünf Jahren in England, vermutlich an Gift. Neue Ermittlungen legen nahe, dass sein Tod mit Ermittlungen der Schweizer Bundesanwaltschaft in Zusammenhang steht.
Am 10. November 2012 brach Alexander Perepilitschny beim Joggen in der Nähe seiner Villa in der englischen Grafschaft Surrey zusammen. Als die Rettung eintraf, war der 46-jährige Russe bereits tot. Was nach Organversagen aussah, wurde mit mehrjähriger Verspätung zum Kriminalfall: 2015 fanden Pathologen in Gewebeproben aus dem Körper des Toten Spuren des schnell wirkenden Gifts Gelsemium elegans. In der Kriminalgeschichte wurde es durch Morde bekannt, die chinesischen und sowjetischen Geheimdiensten zugeschrieben werden.
Ein Museum verschwindet
Eine einmalige Sammlung des Skirennsports hat sich in Liechtenstein in Luft aufgelöst. Die einzige heisse Spur führt nach Tirol – zu einem reichen, mächtigen Familienclan.
Ganz aufgegeben hat Lieselotte Schlumpf ihre Suche noch nicht. Obwohl die Hoffnung schwindet. Dennoch stellte die Therapeutin aus Wattwil Anfang Oktober einen Aufruf auf die Facebook-Seite ihres Toggenburger Nostalgie-Skiclubs: «Zeugen gesucht: Wir benötigen Hilfe, die Erinnerungsstücke unserer Väter zu finden.» So dramatisch das klang, konnte es doch nicht ganz die Grösse des Verlusts vermitteln: Denn es geht nicht nur um ein paar Erinnerungsstücke. Es geht um bedeutende Stücke aus der Geschichte des Skirennsports in der Ostschweiz, in Liechtenstein und Österreich.
Bis vor drei Jahren wusste Schlumpf diese Stücke in guten Händen – im Skimuseum Vaduz ihres Liechtensteiner Bekannten Noldi Beck. Der ehemalige Skirennfahrer hatte eine Sammlung zusammengetragen, die weit über die Grenzen des Fürstentums bekannt war. Selbst im fernen Kanada wusste man das Museum zu schätzen. John Fry, Vorsitzender des Internationalen Verbands für Skigeschichte, spricht von einer «einzigartigen Sammlung, die kommenden Generationen viel über die Anfänge des Skisports hätte erzählen können».
Hätte. Denn das Skimuseum von Vaduz ist verschwunden.
Skimuseum Vaduz, 2103. Zwei Jahre später wurden alle Exponate abtransportiert. Foto: privat
Klein Helvetien in der Puszta
Der Spezialist für Ultraschall-Diagnostik hat in Ungarn ein Hotel und ein Ausbildungszentrum errichtet. Schweizer Senioren sollen dort ihren Lebensabend verbringen.
«Das wird eine Piratenlandung. Keine Programmierung, nur Handsteuerung.» In einer engen Kurve zieht Beat Dubs den Airbus A 320 über den Greifensee hinweg in Richtung Kloten. Die Landebahn ist in Sicht, Dubs geht in den Sinkflug, fährt das Fahrwerk aus, setzt sanft auf Piste 34 auf. Eine saubere Landung. «Trotzdem würde ich nach so einer Aktion meine Lizenz verlieren», sagt Dubs, steht vom Pilotensitz auf und geht ins Freie. Draussen vertreibt ein kühler Abendwind die Hitze des Tages, der Kuckuck ruft, Frösche quaken, Grillen zirpen. Kein Mensch und kein Motorenlärm stören die Ruhe. Um die Pilotenlizenz muss sich der 67-jährige Dubs keine Sorgen machen. Sein Airbus ist ein Flugsimulator und steht 1000 Kilometer vom Flughafen Zürich entfernt – in der ungarischen Puszta.
Dr. Beat Dubs in seinem Flugsimulator. Foto: Andras D. Hajdu
Mit den Worten des Grosskonzerns
Die Aargauer Kantonsregierung rechtfertigt in einer Interpellationsantwort die steueroptimierende Milliardentransaktion von General Electric. Auf eigene Argumente verzichtet sie dabei.
Für 8,1 Milliarden Franken «immaterielle Werte» gekauft: GE-Zentrale in Baden AG
Geht es um ihre Steuerpolitik gegenüber Grossunternehmen, hüllt sich die Kantonsregierung des Aargau eisern in Schweigen: kein Kommentar, Steuergeheimnis! Für einmal hat sie diese Regel gebrochen, auf eine Interpellation der SP-Fraktion im Grossen Rat geantwortet und dabei General Electric (GE) verteidigt: Der Konzern habe keinen Gewinn aus der Schweiz in ein anderes Land verschoben. Die Berichterstattung darüber sei unzutreffend und habe zu «falschen Schlussfolgerungen» verleitet. Bemerkenswert dabei ist: In ihrer Begründung argumentiert die Kantonsregierung exakt wie GE. In einigen Passagen wirkt die Antwort, als wäre sie Pressecommuniqués des Konzerns entnommen und nur leicht verändert worden.
Der Rächer der Konsumenten
Der Österreicher Peter Kolba lobbyiert für Sammelklagen.

Als der Wert einer Schweizer Firma plötzlich explodierte
Aus 40.000 Franken 6,4 Milliarden gemacht: Während General Electric in der Schweiz Stellen abbaut, ist dem US-Konzern mit seiner Tochterfirma ein Kunststück gelungen. Die Steuerbehörden haben nichts davon.
Den Mächtigen zu neugierig
Der Journalist Jovo Martinovic deckte zu viele Missstände in Montenegro auf. Jetzt sitzt er im Gefängnis
Ein heisser Tag in einem Café an der montenegrinischen Küste. Es ist der Sommer 1999, die Nato hat soeben die serbischen Massaker in Kosovo gestoppt. In dem Café sitzt ein ehemaliges Mitglied einer paramilitärischen Einheit und erzählt, wie er mit seinen Kameraden albanische Dörfer anzündete, die Frauen und Kinder vertrieb, die Männer massakrierte. Drei Journalisten hören zu, ein Amerikaner, eine Holländerin und ich. Es ist das erste Mal, dass einer der Täter über Kriegsverbrechen spricht. Einfädeln konnte so ein hochsensibles Gespräch nur einer: Jovo Martinovic, ein junger, aber schon sehr erfahrener und hoch engagierter montenegrinischer Journalist, der für uns als Übersetzer arbeitete.
Ungarns letzte linke Zeitung gehört einer Liechtensteiner Firma
Ein geheimnisvoller ausländischer Investor will in die Zeitung «Nepszava» Geld stecken. Es soll sich nicht um den Schweizer Jürg Marquard handeln.
Seit einiger Zeit galt es praktisch als fix: Die Firma Marquard-Media des Schweizer Unternehmers Jürg Marquard werde «Nepszava» übernehmen, die letzte regierungskritische linke Tageszeitung in Ungarn. Eine Pressemeldung der ungarischen Nachrichtenagentur MTI korrigiert nun dieses Gerücht: Nicht Marquard-Media, sondern eine neu gegründete Liechtensteiner Firma wird im ungarischen Medienmarkt mitmischen.
Ungarns regierungskritische Zeitung wurde eingestellt
Die Journalisten von «Nepszabadsag» wurden am Wochenende putschartig von ihren Arbeitsplätzen entfernt.
Hunderte Menschen versammelten sich am Samstagabend vor dem Budapester Parlament, um des Todes einer beliebten Tageszeitung zu gedenken. Einige hatten Kerzen mitgebracht, andere Europafahnen. Die Stimmung schwankte zwischen Wut und Resignation. Am selben Tag am frühen Vormittag hatte die Leitung des Konzerns Mediaworks bekannt gegeben, dass «Nepszabadsag» (deutsch: Volksfreiheit) ab sofort nicht mehr erscheinen werde. Die Tageszeitung habe permanent an Lesern verloren und es nicht geschafft, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Mediaworks will sich nun auf seine rentablen Produkte, Lifestyle- und Sportmagazine, konzentrieren.