Roma verlassen die Schweiz

7. November 2014

Die meisten Roma, die in Vallorbe Asyl suchten, kehrten in ihre ungarische Heimat zurück.

Zwei Wochen waren sie weg. Jetzt sind 41 der insgesamt 65 Roma, die in der Schweiz um Asyl nachsuchten, wieder in ihre Heimatstadt Miskolc zurückgekehrt. In mehreren Gesprächen machten ihnen die Vertreter des Bundesamts für Migration klar, dass sie keine Chance hätten, in der Schweiz den Status als Flüchtling zu bekommen. Darauf zogen die ungarischen Roma ihre Asylanträge zurück. Die Rückfahrt nach Ungarn mit Bahn oder Bus mussten sie selbst bezahlen. Auch jene, die noch in der Schweiz sind, dürften in den nächsten Tagen die Heimreise antreten.

Das Ende eines Zuger Gashändlers

6. November 2014

Die Neuordnung des Gasgeschäfts zwischen Russland und der Ukraine hat auch Folgen in der Schweiz: Die berüchtigte Zuger Gashandelsfirma Rosukrenergo wird liquidiert.

Er war der Stargast der Veranstaltung: Begleitet von Bodyguards, bedrängt von Journalisten, umringt von westlichen Investoren – so trat Oligarch Dmitri Firtasch, einer der reichsten Männer der Ukraine, diese Woche bei der Podiumsdiskussion «Die Ukraine in Europa» in der Wiener Hofburg auf. Am Podium sprach Firtasch über die Zukunft seiner Heimat, die seiner Meinung nach nur durch Dialog zwischen Europa und Russland gesichert werden könne.

Danach aber bestätigte er dem «Tages-Anzeiger», dass er sich gerade von einem bedeutenden Teil seiner Vergangenheit trennt: Ja, die in Zug registrierte Gashandelsfirma Rosukrenergo werde aufgelöst. Das Unternehmen habe seine Aufgabe erfüllt, «wir sehen keinen Sinn darin, es weiterzuführen». Schulden gebe es keine, «im Gegenteil: Wir sollten noch Geld bekommen.» Mit der Liquidierung des Unternehmens ist der Zürcher Treuhänder Lars Haussmann betraut, der seit Gründung von Rosukrenergo im Verwaltungsrat sitzt. Haussmann beantwortete die Fragen des TA nicht. Und der Zuger Finanzdirektor Peter Hegglin wollte sich zu den Konsequenzen für seinen Staatshaushalt nicht äussern.

Eine Firma im Umfeld von Orbans Freunden

3. November 2014

Ungarische Oligarchen wollen im internationalen Rohstoffhandel mitmischen. Dazu dient ihnen ein Firmennetzwerk mit Sitz in Zug.

 Sein Unternehmen bezeichnet Benjamin Lakatos als «europäische Erfolgs­geschichte»: Eine Rohstoffhandelsfirma, die erst wenige Jahre alt ist, aber schon im Kreis der ganz Grossen mitmischt; die vor ein paar Jahren mit einem Investment von 200 000 Euro begann und ­dieses Jahr Einnahmen von über 3,8 Milliarden Euro erwartet; die Aussenstellen in Osteuropa und in London eröffnete, ihren Hauptsitz aber im Schweizer Zug hat. Und deren Chef Lakatos überzeugt ist, «dass wir in Mitteleuropa zum ‹game-changer› werden».

Seltsame Wege durch die Schweiz

31. Oktober 2014

Zum zweiten Mal innert kurzer Zeit hat sich Ungarns Regierungschef Viktor Orban privat in Zürich aufgehalten. Die Hintergründe der Besuche sind mysteriös.

Budapest in der letzten Oktoberwoche: Zehntausende junge Menschen gehen auf die Strasse. Sie protestieren gegen eine geplante Internetsteuer und gegen Korruption in der Regierung von Viktor Orban. Gleichzeitig bestätigt die amerikanische Botschaft Medienberichte, dass sechs hohe Beamte oder Minister aus Ungarn nicht mehr in die USA einreisen dürfen, weil sie in Verdacht stehen, von US-Unternehmen Bestechungsgeld verlangt zu haben. Beide Ereignisse treffen die ungarische Regierung unvorbereitet und bringen sie in die Defensive. Und was macht der wegen seiner autoritären Politik international in die Kritik geratene Regierungschef Orban? Er verbringt Ferien in der Schweiz.


Viktor Orban im Zürcher Hauptbahnhof. Quelle: 444.hu

Vallorbe, einfache Fahrt

23. Oktober 2014

65 Roma werden in Ungarn auf die Strasse gestellt. Sie verkaufen ihr Hab und Gut und machen sich auf den Weg in die Schweiz, wo sie Asyl beantragen möchten.


Vor der Abfahrt: Ein letztes Treffen im Haus der Familie Galamb in Miskolc. Foto: Andras D. Hajdu

«Der Bus ist da!» Irgendwo von der Strasse kam der Ruf. Und nun wird es hektisch im Haus der Familie Galamb in der nordungarischen Stadt Miskolc. Vater Laszlo schleppt Koffer und Taschen in den Hof, Mutter Anita packt die Essenspakete für die lange Fahrt ein. Die achtjährige Tochter Bianca küsst ein letztes Mal ihre Freundinnen, im Arm hält sie ihre Lieblingspuppe Monica. Ihre ältere Schwester kehrt den Boden in der leeren Küche. «Aber nicht zur Tür», mahnt die Mutter, «sonst kehrst du das Glück hinaus.» Dann versperrt der Vater das Tor, und die Grossfamilie geht über die Strasse Nummer 6 Richtung Busparkplatz. Aus den Nachbarhäusern schliessen sich Menschen mit Roll­koffern und Reisetaschen an. Die Kinder lachen, die Erwachsenen weinen.

Bike-Business

19. Oktober 2014

  
Firmensitz der Clarence Investments in Cheyenne. Foto: Google Streetview

Luxemburger Treuhänder, eine geheimnisvolle US-Firma und Gernot Rumpold: Wiener Fahrradständer locken merkwürdige Geschäftemacher an.

Pebrican Avenue 1605, Cheyenne, Bundesstaat Wyoming: Wie der Sitz eines international tätigen Investmentunternehmens sieht das Holzhäuschen mit Veranda nicht aus, eher wie das Domizil einer Kleinfamilie. Lange Zeit stand es zum Verkauf und ist deshalb noch auf den Internetseiten amerikanischer Immobilienmakler zu sehen. Dass an dieser Adresse ein Unternehmen gemeldet ist, dem im 8500 Kilometer entfernten Wien über 1000 Fahrradständer im öffentlichem Raum gehören – darüber sagen die Maklerseiten nichts.

Die Roma sollen die Stadt verlassen

7. Oktober 2014

Am 12. Oktober finden in Ungarn Kommunalwahlen statt. In der Industriestadt Miskolc haben alle grossen Parteien die Vertreibung der Roma im Wahlprogramm. Die rechtsextreme Jobbik könnte gewinnen.

Sie haben noch einmal Aufschub bekommen. Noch ein halbes Jahr dürfen Sandor Lakatos und seine Frau in ihrer kleinen Wohnung in der nordungarischen Stadt Miskolc bleiben, das hat eine Richterin entschieden. Nächstes Frühjahr aber müssen sie ganz sicher raus. Verständnis für ihre Situation habe die Richterin nicht gezeigt, meint Lakatos: «Sie sagte uns nur, wir sollten hier nicht Theater spielen.» Ihre Nachbarn trafen auf noch weniger Verständnis. Einige wurden bereits aus ihren Wohnungen geworfen, zum Teil mit Polizeigewalt. Anderen droht dieses Schicksal in den nächsten Wochen.


Sie müssen ihre Wohnung räumen: Jozsefne Molnar mit Tochter und Enkelin. Foto: B. Odehnal

Die Spuren führen zu Konten in der Schweiz

4. Oktober 2014

Microsoft und Fujitsu Siemens sollen für einen Staatsauftrag in Rumänien Minister bestochen haben. Das Geld floss über Schweizer Banken.

Über ein «eindrucksvoll gestiegenes Betriebsergebnis» jubelte der Computerhersteller Fujitsu Siemens im Frühjahr 2004. Als besonders erfreulich wird die seit 2003 bestehende Kooperation mit Microsoft und der rumänischen Regierung gepriesen, die in einem viele Millionen schweren Auftrag zur Ausrüstung staatlicher Stellen mit IT-Technik mündete. Damit werde die rumänische Gesellschaft in eine moderne Technologiegesellschaft geführt, wird der Vizepräsident von Fujitsu Siemens, Marcus Dekan, in einer Mitteilung zitiert: «Die Partnerschaft übertrifft schon nach wenigen Monaten unsere Erwartungen.»

Zehn Jahre später will sich von den Verantwortlichen niemand mehr an das Geschäft erinnern. Dafür beschäftigt es die Justiz in Rumänien, Österreich und der Schweiz. Die rumänische Antikorruptionsbehörde DNA hat Verfahren gegen neun ehemalige Minister wegen Annahme von Bestechungsgeld, unlauterer Einflussnahme, Geldwäsche und Amtsmissbrauch eingeleitet.

Das Geld bleibt in der Kasse liegen

30. September 2014

Vor rund drei Jahren erhielt die nordungarische Region Kazincbarcika fast fünf Millionen Franken aus dem Schweizer Erweiterungsbeitrag. Wie wurden die Mittel verwendet? Eine Spurensuche.

Und wie geht es den Schweizer Projekten? «Fuh . . .», seufzt die zuständige Beamtin der ungarischen Kleinstadt Kazincbarcika. Und fügt nach mehreren Ähs und Öhs hinzu: «Es dauert halt alles länger als geplant.» – «Fuh . . .», seufzt auch der junge Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung Sajokaza: Das Geld sei da, aber Baufirmen hätten unbrauchbare Offerten eingereicht. Man müsse von vorn beginnen. «Schweizer Projekte? Welche Projekte?», wundert sich hingegen der Schulleiter in Sajokaza: «Hier haben wir davon nichts gemerkt.»


Noch immer nicht saniert: Das Barockschloss in Sajokaza. Foto. B. Odehnal

Ungarn behindert die Auszahlung von Schweizer Fördergeldern

30. September 2014

Polizei und Verwaltung schikanieren private Stiftungen, die Kohäsionsgelder verwalten.

«Wenn sie uns tatsächlich die Steuernummer entziehen, bekommen wir ernste Probleme», sagt Boglarka Bata, Leiterin der ungarischen Karpaten-Stiftung: «Dann können wir wahrscheinlich auch die von der Schweiz finanzierten Projekte nicht mehr umsetzen.»

Über eine Million Franken aus dem Erweiterungsbeitrag, schätzt Bata, könnten dann nicht ausbezahlt werden: an humanitäre und soziale Organisationen, die schon definitiv mit dem Geld gerechnet haben. Es geht um Projekte für Romakinder, für Behinderte und für verarmte Familien.

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