Ein tiefer Bückling kann nie schaden
In Österreich möchte ein Habsburger die Adelstitel wieder einführen.
Mit dem Schraubenschlüssel in die Politik
Österreichs Protestwähler bekommen eine neue Heimat: Der Milliardär Frank Stronach präsentiert heute seine Partei.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Die Agglomeration im Süden Wiens ist nicht gerade für ihre Schönheit bekannt. Lagerhallen und Lärmschutzwände entlang sechsspuriger Autobahnen. Neben Ruinen alter Textilfabriken entstehen neue Fertighäuser, Baumärkte und Kreisel. Hinter dem Kreisel der Gemeinde Oberwaltersdorf aber liegt eine andere Welt, mit Villen im Südstaatenstil, künstlichem Teich und Golfplatz. Lautlos gleiten Elektrowägelchen über die Wege. Kein Autolärm, kein Kindergeschrei stört die Idylle.
Im Dienste des finsteren Fürsten
Wie ich mithalf, die Demokratie in Österreich zu zerstören.
Es ist Zeit für eine Entschuldigung. Österreichs Demokratie durchlebt gerade dunkle Stunden. Das Vertrauen der Österreicher in die Parteien ist zerstört, der Parlamentarismus nachhaltig beschädigt. Die Axt führt aber nicht ein primitiver Rechtspopulist, sondern ein Vertreter der Regierungspartei SPÖ, ein redegewandter Intellektueller mit einem Faible für französische Kultur. Er heisst Josef Cap - und dass er heute an der Spitze der sozialdemokratischen Fraktion im Wiener Parlament sitzt und von dort aus sein Werk der Zerstörung vollziehen kann, daran bin ich nicht ganz unschuldig. Ich hatte es damals gut gemeint. Heute kann ich mich nur mehr entschuldigen.
Bye bye, Betonspange
Ein zentrales Bauwerk für die Ski-WM 2013 missfällt dem ÖSV-Präsidenten - und muss weg.
Orban arbeitet an seiner Wiederwahl
Ungarns Regierungspartei will die Wahlkreise neu ziehen und die Wähler neu registrieren. Die Opposition sieht darin eine Verletzung der Verfassung.
Für die Abgeordneten der ungarischen Regierungspartei Fidesz wird ihr jüngster Gesetzesentwurf «das Tor der Demokratie ganz weit öffnen». Die Opposition hingegen wittert einen neuerlichen Anschlag auf die Demokratie und einen Versuch von Regierungschef Viktor Orban, sich die absolute Macht im Staat bei den nächsten Wahlen 2014 zu sichern - und zwar auch mit deutlich weniger Wählerstimmen als bei den Wahlen 2010. Es geht um das Wahlrecht und die Wahlorganisation: Fidesz hat diese Woche dazu ein ganzes Bündel an Gesetzesentwürfen im Parlament eingebracht und wird sie demnächst beschliessen.
Ungarn hofft im Streit mit Armenien auf Schweizer Hilfe
Budapest hat einen Mörder aus Aserbeidschan freigelassen und damit Armenien brüskiert. Jetzt soll die Schweiz vermitteln.
Von Bernhard Odehnal und Luciano Ferrari
«Das ist nicht unser Konflikt», erklärte Ungarns Regierungschef Viktor Orban unlängst in einem Radiogespräch: «Wir sollten uns da raushalten.» Zu spät. Ungarn ist bereits mittendrin im kriegerischen Konflikt zwischen den beiden Kaukasusstaaten Aserbeidschan und Armenien. Und es sieht nicht so aus, als könnten sich die Ungarn schnell wieder aus dieser misslichen Lage befreien. Die armenische Regierung hat die diplomatischen Beziehungen abgebrochen, in vielen Ländern fanden Kundgebungen armenischer Exilgemeinden vor ungarischen Botschaften statt.
Alle gegen die Aufdeckerin
In Österreich verteidigt die Grüne Gabriela Moser den Korruptionsausschuss im Parlament. Die anderen Parteien fordern ihren Kopf.
Man könnte meinen, die Zukunft des Parlamentarismus in Österreich hänge derzeit alleine an einer Frau. Besser gesagt: an ihrem Rücktritt. «Sie kann es nicht», «sie muss weg» - darin sind sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP ausnahmsweise mit den rechtspopulistischen Oppositionsparteien FPÖ und BZÖ einig. Mit «sie» ist Gabriela Moser gemeint, Abgeordnete und Verkehrssprecherin der Grünen, seit Januar 2012 Vorsitzende jenes parlamentarischen Ausschusses, der die grossen Korruptionsfälle der vergangenen zehn Jahre untersuchen soll.
Mut sieht anders aus
Missbrauch: Das Kloster Fischingen lässt die Vorwürfe untersuchen.
Das Thurgauer Kloster Fischingen will Licht ins Dunkel bringen. Vor knapp drei Monaten berichtete der TA zum ersten Mal über die Vorwürfe des ehemaligen Zöglings Walter Nowak, er sei im Kinderheim in den 60er- und Anfang der 70er-Jahre von einem Pater geschlagen und sexuell missbraucht worden. Jetzt will der Trägerverein des Klosters, der Verein St. Iddazell, die Vorwürfe von einer unabhängigen Stelle untersuchen lassen. Das klingt nach einem mutigen Schritt.
Orban brüskiert den Währungsfonds
Ungarns Premier hat Bedingungen für einen IWF-Kredit abgelehnt. Der Versuch, in Aserbeidschan einen potenten Partner zu gewinnen, endete aber bereits in einem Desaster.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Viktor Orban zeigte wieder einmal gutes Gespür für die richtige Inszenierung. Mit aufgerollten Hemdsärmeln, ernstem Blick und Sorgenfalten auf der Stirn stellte er sich vergangene Woche vor eine wackelige Handkamera und teilte den Zusehern mit, dass Ungarn niemals die neuen Bedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) akzeptieren könne. Die Absage des ungarischen Regierungschefs erschien exklusiv auf seiner Facebook-Seite und liess Freunde und Gegner etwas ratlos zurück.
Koller entdeckt das österreichische Sieger-Gen
Österreich fühlt sich stark genug, um heute Erzrivale Deutschland zu schlagen.
Österreichs Captain Christian Fuchs hat ein «sehr gutes Gefühl», Mittelfeldspieler Veli Kavlak tippt auf einen 2:1-Sieg, und der ehemalige Nationalspieler Hans Krankl glaubt sogar an einen 3:2-Erfolg. Das Selbstbewusstsein der Österreicher vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland heute Abend in Wien (20.30 Uhr) kennt kaum Grenzen. Bestätigt werden sie durch deutsche Medien, die sich über die «Angst vor den Ösis» (so die «Bild») wundern und der österreichischen Mannschaft «echte Typen» zugestehen.
Ungarische Roma gründen Schutztruppe gegen Rechtsextreme
In der südungarischen Stadt Pécs hat ein Vertreter der Roma-Minderheit die Gründung einer eigenen Schutztruppe bekannt gegeben. Ferenc Bagó will 400 Mitglieder für seine Gruppe rekrutiert haben und sie auf bis zu 8000 Mann aufstocken. Aufgabe der Truppe soll der Schutz von Roma, Juden und anderen Minderheiten vor Übergriffen der rechtsextremen Ungarischen Garde sein - so lange, bis die Polizei eingreift. Bagó nennt sich auch «Hauptmann Daflics», hat eine Glatze und die Figur eines Bodybuilders. Er lässt sich in schwarzem T-Shirt und fingerlosen Lederhandschuhen fotografieren, auf einem Bild ist er mit Schwert zu sehen. Er betont jedoch den friedfertigen Charakter seiner Truppe. Den von ungarischen Medien verwendeten Ausdruck «Roma-Garde» lehnt er auf seiner Facebook-Seite ab: «Wir sind eine Friedenstruppe. Wir Ungarn sitzen alle in einem Boot. Zigeuner und Nichtzigeuner!»
Ringier gibt «Népszabadság» auf
Um die Fusionspläne mit Axel Springer nicht zu gefährden, verkauft der Schweizer Medienkonzern Ungarns letzte unabhängige Tageszeitung.
Der Schweizer Medienkonzern Ringier möchte sein Engagement in Ungarn reduzieren und die Tageszeitung «Népszabadság» verkaufen. Was bisher nur als Gerücht durch ungarische Redaktionsräume geisterte, wurde vergangene Woche durch den Minderheitseigentümer der Zeitung bestätigt. Die Stiftung für freie Presse, die von der Sozialistischen Partei Ungarns gegründet wurde und ihr weiterhin nahesteht, hält derzeit 27,7 Prozent an der Aktiengesellschaft, Ringier hat 70,8 Prozent, der Rest gehört den Redaktoren. In einem Interview bestätigte der Stiftungsvorsitzende Laszlo Kranitz, dass Ringier seine Anteile verkaufen wolle. Die Stiftung habe ein Vorkaufsrecht und ein «korrektes Kaufangebot» präsentiert. Ringiergibt zu seinen Geschäftsbeziehungen keinen Kommentar ab. Ungarn ist das letzte Land im Osten Europas, in dem der Schweizer Medienkonzern noch keine Partnerschaft mit dem deutschen Axel-Springer-Konzern eingegangen ist. Die ungarische Medienbehörde will diese Fusion aber nur genehmigen, wenn sichRingier von «Népszabadság» trennt.
Juden werden wieder auf der Strasse beschimpft
In Österreich und Ungarn häufen sich antisemitische Attacken. Staat und Gesellschaft reagieren beiderorts gleichgültig.
Es geschah am helllichten Tag auf einem der belebtesten Plätze Wiens. EinRabbiner der jüdischen Gemeinde war auf dem Weg zur Synagoge, als er hinter sich die lautstarke Aufforderung «Scheiss-Juden, haut ab!» hörte. Als sich der Mann umdrehte, stand da vor ihm ein Fussballfan, streckte seine rechte Hand zum Hitlergruss aus und brüllte: «Hau ab, du Scheiss-Jude. Juden raus! Heil Hitler!» Der Vorfall wurde nicht nur von Passanten, sondern auch von der Polizei beobachtet.