Dezember 2012

Der Graf und der Gripen

22. Dezember 2012

Ein Prozess in Wien gibt Einblick in die Schmiergeld-Netzwerke internationaler Rüstungskonzerne. 

Alfons Mensdorff-Pouilly ist eine mächtige Erscheinung. Zwei Meter gross, nicht schlank, mit kräftiger Stimme. Doch im grossen Schwurgerichtssaal in Wien macht sich «Graf Ali» so klein wie möglich. Er sei naiv gewesen, vielleicht auch dumm, erklärt er dem Richter: Er habe nie so genau Bescheid wissen wollen. Die Ahnungslosigkeit überrascht bei einem Mann, unter dessen Namen Briefkastenfirmen in der Schweiz gegründet wurden, über die viele Millionen Euro flossen. Wohin? Das versuchen Staatsanwälte in mehreren europäischen Ländern herauszufinden. Mensdorff muss sich wegen Geldwäscherei und Bestechung politischer Entscheidungsträger verantworten. Ebenfalls angeklagt ist sein in Zürich lebender Mitarbeiter, der die Geldgeschäfte abwickelte.

Peter Spuhler baut in Österreich eine Himmelstreppe

17. Dezember 2012

Gestern übergab Peter Spuhler in Sankt Pölten den ersten Zug an die neue Mariazellerbahn - dabei geriet der Chef und Mehrheitsaktionär von Stadler Rail ungewollt in den Wahlkampf von Niederösterreich.

Von der Bühne ertönt Trommelwirbel, über dem Gleis wabert Theaternebel. Dann wird der Zug in die Halle geschoben, eine Komposition aus Grau und Gold mit der Aufschrift «Die Himmelstreppe». Das Publikum applaudiert, der Moderator bejubelt die «neue Zeitrechnung, die für Niederösterreich anbricht». Am Bühnenrand steht Peter Spuhler und ist stolz. Die Himmelstreppe ist der erste Zug, den Stadler Rail für die Schmalspurbahn von Sankt Pölten nach Mariazell gebaut hat. Weitere acht Züge und vier Panoramawagen folgen nächstes Jahr. Insgesamt gibt das Land Niederösterreich 78,5 Millionen Franken für die neuen Fahrzeuge aus.


Peter Spuhler (links) und die niederösterreichische Landespolitik. Copyright: Heribert Corn

Ungarns Studenten planen den Aufstand gegen die Regierung

13. Dezember 2012

Der radikale Abbau kostenloser Studienplätze und die Verpflichtung, Stipendien im Land abarbeiten zu müssen, treiben Tausende Hochschüler auf die Strasse.

«Sind wir fähig, gemeinsam den Wahnsinn der Regierung zu stoppen?» David Kiss macht eine kurze Pause, dann tönt ihm ein mächtiges «Jaaa» entgegen. Hunderte Studenten haben sich in der Aula der Budapester Technischen Universität versammelt, noch mehr warten vor dem Gebäude am Donauufer. Am Abend werden es mehrere Tausend sein, die durch die Innenstadt zum Parlament ziehen und eine Donaubrücke blockieren. Für den Studentenführer Kiss ist dieser Mittwoch eine Premiere: Zum ersten Mal protestieren Studierende, Assistenten und Professoren gemeinsam. «Und es ist kein Zufall, dass wir gerade hier beginnen», ruft er der Menge in der Aula zu, «denn hier haben Studenten schon einmal gezeigt, dass sie ein System verändern können.» 1956 begann mit einem Studentenprotest die Revolution gegen das kommunistische Regime.

Stadler-Rail-Züge müssen in Österreich langsamer verkehren

12. Dezember 2012

Bei den Triebzügen der privaten Westbahn wackeln bei Zugsbegegnungen mit hoher Geschwindigkeit die Türen.

Pünktlich zum Fahrplanwechsel wurde letzten Sonntag in Österreich ein Prestigeprojekt der Bahn eröffnet. Auf der Neubaustrecke zwischen Wien und St. Pölten fahren die Züge mit bis zu 230 km/h, die Fahrtzeit auf der Westbahnstrecke (auch nach Zürich) wird so um 15 bis 20 Minuten verkürzt. Doch gleich am ersten Tag ereignete sich ein Zwischenfall, der manche Züge wieder zum Drosseln der Geschwindigkeit zwingt. Die Wiener Tageszeitung «Kurier» berichtet von einem «gefährlichen Treffen» zwischen einem Railjet der Staatsbahn ÖBB und einem Triebzug der privaten Westbahn, der vom Schweizer Bahnbauer Stadler Rail stammt.

Mit kaltem Lächeln an die Macht

11. Dezember 2012

Victor Ponta ist im Zenit angelangt: Rumäniens Wähler haben dem Regierungschef einen Freibrief für Verfassungsänderung und politische Säuberungen ausgestellt. Ein Porträt von Bernhard Odehnal, Bukarest

Noch in der Wahlnacht zitierte Rumäniens Wahlsieger Victor Ponta die Bibel: «Wer das Schwert nimmt, wird durch das Schwert fallen.» Ponta nannte keinen Namen, aber seine Anhänger wussten genau, wen der Regierungschef meinte: Es gibt in Rumänien ein bekanntes Foto, das Staatspräsident Traian Basescu mit einem riesigen Schwert in Händen zeigt.

«Alles Beste, Frank»

8. Dezember 2012

Neopolitiker Stronach bereichert Österreichs Politik und Medien um neue Wahrheiten.

Interviews im ORF gehören nicht unbedingt zu den spannendsten Momenten des österreichischen Fernsehprogramms. Die Moderatoren behandeln die Gesprächspartner gewöhnlich äusserst freundlich und rücksichtsvoll. Freche Fragen gehören nicht zum Repertoire, weshalb die Befragten auch immer sehr entspannt bleiben. Gebrüllt wird nicht, geschlagen ebenso wenig.

«Orthodoxe Religion spielt eine grosse Rolle»

7. Dezember 2012

Der Politologe Cristian Pîrvulescu sagt, Rumänien fehle eine demokratische Gesellschaft - dies auch, weil die Kirche den Menschen Unterwerfung predige.

Mit Cristian Pîrvulescu sprach Bernhard Odehnal in Bukarest


Cristian Pîrvulescu. Foto: B. Odehnal

Wie kann die Krise der rumänischen Politik überwunden werden?

Ohne Reform der Verfassung ist das kaum möglich. Wenn Victor Ponta mit grosser Mehrheit gewinnt und vielleicht die Partei der ungarischen Minderheit als Partner gewinnt, kann er diese Reform beschliessen.

Für den Sieg ist Victor Ponta nichts zu teuer

7. Dezember 2012

Am Sonntag wählen die Rumänen ein neues Parlament. Im Kampf um die Macht zwischen Regierungschef Ponta und Präsident Basescu sind Inhalte Nebensache.

Selbstbewusst und mit schmalem Lächeln tritt Victor Ponta vor die Kameras. «Wir werden unser Ziel erreichen und mindestens 50 Prozent plus ein Mandat erhalten», verkündet Rumäniens Regierungschef in der Zentrale seines Wahlbündnisses USL, der ehemaligen Residenz eines rumänischen Bojaren. Draussen leuchtet in der Abenddämmerung der Arcul triumf, eine Kopie des Pariser Triumphbogens, die an die Helden der Unabhängigkeitskriege gegen Türken und Habsburger erinnern soll.


«Rumänien verpflichtet» Wahlplakat in Bukarest. Foto: B. Odehnal

Eine Aura des Triumphs ist auch in der Bojarenvilla spürbar, obwohl die Parlamentswahlen erst am Sonntag stattfinden: «2012 - Das Jahr des Sieges» verkünden Plakate, unter denen Ponta seine Landsleute zur Stimmabgabe aufruft: «Je mehr Vertrauen uns die Rumänen schenken, desto grösser wird die Stabilität im Land sein.»

Auch Orban distanziert sich vom Judenhass

3. Dezember 2012

Mit seiner Hetze gegen Juden hat ein rechtsradikaler Abgeordneter in Ungarn einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Am Sonntag demonstrierten über zehntausend Menschen in Budapest. Sogar die Partei von Premier Viktor Orban unterstützte die Kundgebung.

Hinter der Bühne hing ein riesiges «Nein», viele Kundgebungsteilnehmer trugen Tafeln mit der Aufschrift «Nie wieder!» und kleine rot-weiss-grüne Fahnen: Ungarns Hauptstadt erlebte gestern Nachmittag eine Premiere. Zum ersten Mal seit vielen Jahren konnten sich die konservative Regierungspartei Fidesz, die Sozialistische Partei, die ausserparlamentarische Opposition «Gemeinsam» sowie zivile Gruppen auf eine gemeinsame Demonstration einigen. Der «Massenprotest gegen den Nazismus» richtete sich gegen den grassierenden Antisemitismus im Land und einen Vorfall im Parlament: Vor einer Woche hatte der Abgeordnete der rechtsradikalen Partei Jobbik, Marton Gyöngyösi, zum Schluss einer Rede gefordert, dass sich die Namen aller Parlamentarier und Regierungsmitglieder mit jüdischer Abstammung offengelegt werden müssten, da sie ein «nationales Sicherheitsrisiko» darstellten.

Schritt für Schritt in Richtung Diktatur

29. November 2012

Nach der Presse nimmt sich Ungarns Regierungschef Orban das Wahlrecht vor.

Stellen wir uns kurz vor: Alle Schweizer Wahlberechtigten müssen sich neu registrieren lassen. Die Wählerverzeichnisse sind zwar auf dem letzten Stand. Doch der Bundesrat meint, dass es den Stimmbürgern an Demokratiebewusstsein mangle. Erst durch den Zwang zur Anmeldung würden die Wähler begreifen, was für ein kostbares Gut die Demokratie sei.

Die Dollars lagen auf der Damentoilette

28. November 2012

TV-Bösewicht Larry Hagman liess sich angeblich von Rumäniens Diktator Ceausescu bestechen.

Vielleicht ist die Geschichte nur sehr gut erfunden. Anderseits: Es gibt darin viele Details, die historisch erwiesen sind. Warum sollte nicht auch der Rest stimmen? Die Akteure sind schon gestorben. Aber selbst wenn sie noch am Leben wären, würden sie wohl nicht darüber reden. Denn etwas peinlich ist es schon. Jetzt aber genug vom Spannungsaufbau, wir sind ja nicht in einem Hitchcock-Film.