Oktober 2014

Vallorbe, einfache Fahrt

23. Oktober 2014

65 Roma werden in Ungarn auf die Strasse gestellt. Sie verkaufen ihr Hab und Gut und machen sich auf den Weg in die Schweiz, wo sie Asyl beantragen möchten.


Vor der Abfahrt: Ein letztes Treffen im Haus der Familie Galamb in Miskolc. Foto: Andras D. Hajdu

«Der Bus ist da!» Irgendwo von der Strasse kam der Ruf. Und nun wird es hektisch im Haus der Familie Galamb in der nordungarischen Stadt Miskolc. Vater Laszlo schleppt Koffer und Taschen in den Hof, Mutter Anita packt die Essenspakete für die lange Fahrt ein. Die achtjährige Tochter Bianca küsst ein letztes Mal ihre Freundinnen, im Arm hält sie ihre Lieblingspuppe Monica. Ihre ältere Schwester kehrt den Boden in der leeren Küche. «Aber nicht zur Tür», mahnt die Mutter, «sonst kehrst du das Glück hinaus.» Dann versperrt der Vater das Tor, und die Grossfamilie geht über die Strasse Nummer 6 Richtung Busparkplatz. Aus den Nachbarhäusern schliessen sich Menschen mit Roll­koffern und Reisetaschen an. Die Kinder lachen, die Erwachsenen weinen.

Bike-Business

19. Oktober 2014

  
Firmensitz der Clarence Investments in Cheyenne. Foto: Google Streetview

Luxemburger Treuhänder, eine geheimnisvolle US-Firma und Gernot Rumpold: Wiener Fahrradständer locken merkwürdige Geschäftemacher an.

Pebrican Avenue 1605, Cheyenne, Bundesstaat Wyoming: Wie der Sitz eines international tätigen Investmentunternehmens sieht das Holzhäuschen mit Veranda nicht aus, eher wie das Domizil einer Kleinfamilie. Lange Zeit stand es zum Verkauf und ist deshalb noch auf den Internetseiten amerikanischer Immobilienmakler zu sehen. Dass an dieser Adresse ein Unternehmen gemeldet ist, dem im 8500 Kilometer entfernten Wien über 1000 Fahrradständer im öffentlichem Raum gehören – darüber sagen die Maklerseiten nichts.

Die Roma sollen die Stadt verlassen

7. Oktober 2014

Am 12. Oktober finden in Ungarn Kommunalwahlen statt. In der Industriestadt Miskolc haben alle grossen Parteien die Vertreibung der Roma im Wahlprogramm. Die rechtsextreme Jobbik könnte gewinnen.

Sie haben noch einmal Aufschub bekommen. Noch ein halbes Jahr dürfen Sandor Lakatos und seine Frau in ihrer kleinen Wohnung in der nordungarischen Stadt Miskolc bleiben, das hat eine Richterin entschieden. Nächstes Frühjahr aber müssen sie ganz sicher raus. Verständnis für ihre Situation habe die Richterin nicht gezeigt, meint Lakatos: «Sie sagte uns nur, wir sollten hier nicht Theater spielen.» Ihre Nachbarn trafen auf noch weniger Verständnis. Einige wurden bereits aus ihren Wohnungen geworfen, zum Teil mit Polizeigewalt. Anderen droht dieses Schicksal in den nächsten Wochen.


Sie müssen ihre Wohnung räumen: Jozsefne Molnar mit Tochter und Enkelin. Foto: B. Odehnal

Die Spuren führen zu Konten in der Schweiz

4. Oktober 2014

Microsoft und Fujitsu Siemens sollen für einen Staatsauftrag in Rumänien Minister bestochen haben. Das Geld floss über Schweizer Banken.

Über ein «eindrucksvoll gestiegenes Betriebsergebnis» jubelte der Computerhersteller Fujitsu Siemens im Frühjahr 2004. Als besonders erfreulich wird die seit 2003 bestehende Kooperation mit Microsoft und der rumänischen Regierung gepriesen, die in einem viele Millionen schweren Auftrag zur Ausrüstung staatlicher Stellen mit IT-Technik mündete. Damit werde die rumänische Gesellschaft in eine moderne Technologiegesellschaft geführt, wird der Vizepräsident von Fujitsu Siemens, Marcus Dekan, in einer Mitteilung zitiert: «Die Partnerschaft übertrifft schon nach wenigen Monaten unsere Erwartungen.»

Zehn Jahre später will sich von den Verantwortlichen niemand mehr an das Geschäft erinnern. Dafür beschäftigt es die Justiz in Rumänien, Österreich und der Schweiz. Die rumänische Antikorruptionsbehörde DNA hat Verfahren gegen neun ehemalige Minister wegen Annahme von Bestechungsgeld, unlauterer Einflussnahme, Geldwäsche und Amtsmissbrauch eingeleitet.