«Alles Beste, Frank»

8. Dezember 2012

Neopolitiker Stronach bereichert Österreichs Politik und Medien um neue Wahrheiten.

Interviews im ORF gehören nicht unbedingt zu den spannendsten Momenten des österreichischen Fernsehprogramms. Die Moderatoren behandeln die Gesprächspartner gewöhnlich äusserst freundlich und rücksichtsvoll. Freche Fragen gehören nicht zum Repertoire, weshalb die Befragten auch immer sehr entspannt bleiben. Gebrüllt wird nicht, geschlagen ebenso wenig.

Es war deshalb nicht weniger als ein historischer Moment, als Moderator Armin Wolf in der Nachrichtensendung «Zeit im Bild 2» vor einigen Tagen dem Milliardär und Neopolitiker Frank Stronach vor laufenden Kameras mit dem Abbruch des Interviews drohte. Nicht ein-, sondern gleich dreimal. Der 80-Jährige liess dann doch die eine oder andere Frage zu. Auch wenn er sie nicht wirklich beantwortete. Selbstverständlich lässt sich ein Frank Stronach von diesem Reportergesocks nicht vorschreiben, was er zu sagen hat. Das machte er schon bei einem Auftritt in der gleichen Sendung einen Monat zuvor klar, als er die Moderatorin überhaupt nicht zu Wort kommen liess.

Auch Zeitungsreporter kommen selten in den Genuss, von Stronach auf eine klare Frage eine klare Antwort zu bekommen. Trotzdem müssen sie sich schriftlich verpflichten, die Worte des Herrn originalgetreu wiederzugeben. Stronachs Team hat dazu einen Vertrag ausgearbeitet, der vor jedem Interview von den Fragestellern unterschrieben werden muss. Immerhin: Für jeden Journalisten gibt es nach überstandener Kopfwäsche einen Schmierzettel mit Autogramm und Widmung. Für die Männer: «Ein guter Reporter. Alles Beste, Frank». Für die Frauen: «Ein gute Reporterin. Alles Beste, Frank».

Seit knapp zwei Monaten ist Stronach mit seinem «Team Stronach für Österreich» in der Politik, und er hat es schon zu einem gewissen Kultstatus gebracht. Er brachte natürlich auch beste Voraussetzungen mit. Seine Botschaft – «Wahrheit, Transparenz, Fairness» – ist einfach und wird von ihm gebetsmühlenartig wiederholt. Egal, ob sich Stronach nun zur Eurokrise, zum Kauf von Abfangjägern oder zum Bundesheer äussert: Es geht immer um die Rettung Österreichs, um das Beste für das Land. Und natürlich um die Wahrheit. Besser gesagt: um die «Woahaid» – diese Mischung aus amerikanischem Englisch und oststeirischem Dialekt macht ihm niemand so leicht nach. Ausser vielleicht der Terminator Arnold Schwarzenegger, der ja wie Stronach aus einem Kaff in der Oststeiermark stammt. Aber der zeigt noch keine Ambitionen, in der österreichischen Politik mitzumischen.

Frank Stronach hingegen kann sich auch schon eines eigenen Satireformats rühmen. In der wöchentlichen TV-Sendung «Die Staatskünstler» auf ORF 2 parodiert ihn der Kabarettist Florian Scheuba mit Perücke und strengem Akzent. Neugierige Journalisten werden vom SatireStronach mit einer Handbewegung in die Schranken gewiesen: «Du bist imma sou nägativ.» Auch das ist so ein Satz des Originals. Der Frääänk redet halt nicht herum, der sagt, wie es ist. Und ist nicht wirklich vieles viel zu negativ auf dieser Welt?

Vom Duzis will sich Stronach übrigens auf keinen Fall verabschieden. Er duzt sie alle: die Journalisten, die Regierung, seine potenziellen Wähler. Als ob er sein Leben lang Lagerleiter bei Ikea gewesen wäre. Dabei hat er seine Millionen in der Autozulieferindustrie gemacht und sie steuerschonend im Kanton Zug angelegt. Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» führt ihn auch dieses Jahr unter den 300 reichsten Schweizern, mit einer Beratungsund Beteiligungsfirma in Steinhausen und einem Vermögen von rund 2 Milliarden Franken. Dazu gäbe es eine Reihe von Fragen: Wird Stronach sein Schweizer Vermögen nach Abschluss des Steuerabkommens der österreichischen Behörden offenlegen? Wohnt er wirklich in seiner bescheidenen Absteige in der Stadt Zug? Oder sollte das gar nur eine Tarnadresse sein? Frank liebt solche Fragen leider nicht. Er findet sie «imma sou nägativ».