Den Mächtigen zu neugierig
Der Journalist Jovo Martinovic deckte zu viele Missstände in Montenegro auf. Jetzt sitzt er im Gefängnis
Ein heisser Tag in einem Café an der montenegrinischen Küste. Es ist der Sommer 1999, die Nato hat soeben die serbischen Massaker in Kosovo gestoppt. In dem Café sitzt ein ehemaliges Mitglied einer paramilitärischen Einheit und erzählt, wie er mit seinen Kameraden albanische Dörfer anzündete, die Frauen und Kinder vertrieb, die Männer massakrierte. Drei Journalisten hören zu, ein Amerikaner, eine Holländerin und ich. Es ist das erste Mal, dass einer der Täter über Kriegsverbrechen spricht. Einfädeln konnte so ein hochsensibles Gespräch nur einer: Jovo Martinovic, ein junger, aber schon sehr erfahrener und hoch engagierter montenegrinischer Journalist, der für uns als Übersetzer arbeitete.
Ungarns letzte linke Zeitung gehört einer Liechtensteiner Firma
Ein geheimnisvoller ausländischer Investor will in die Zeitung «Nepszava» Geld stecken. Es soll sich nicht um den Schweizer Jürg Marquard handeln.
Seit einiger Zeit galt es praktisch als fix: Die Firma Marquard-Media des Schweizer Unternehmers Jürg Marquard werde «Nepszava» übernehmen, die letzte regierungskritische linke Tageszeitung in Ungarn. Eine Pressemeldung der ungarischen Nachrichtenagentur MTI korrigiert nun dieses Gerücht: Nicht Marquard-Media, sondern eine neu gegründete Liechtensteiner Firma wird im ungarischen Medienmarkt mitmischen.
Ungarns regierungskritische Zeitung wurde eingestellt
Die Journalisten von «Nepszabadsag» wurden am Wochenende putschartig von ihren Arbeitsplätzen entfernt.
Hunderte Menschen versammelten sich am Samstagabend vor dem Budapester Parlament, um des Todes einer beliebten Tageszeitung zu gedenken. Einige hatten Kerzen mitgebracht, andere Europafahnen. Die Stimmung schwankte zwischen Wut und Resignation. Am selben Tag am frühen Vormittag hatte die Leitung des Konzerns Mediaworks bekannt gegeben, dass «Nepszabadsag» (deutsch: Volksfreiheit) ab sofort nicht mehr erscheinen werde. Die Tageszeitung habe permanent an Lesern verloren und es nicht geschafft, in die schwarzen Zahlen zu kommen. Mediaworks will sich nun auf seine rentablen Produkte, Lifestyle- und Sportmagazine, konzentrieren.
Stadler kämpft gegen Bombardier
Der Schweizer Hersteller will die Vergabe des Grossauftrags in Österreich gerichtlich prüfen lassen.
Stadler Rail wird den Auftrag der Österreichischen Bundesbahnen über 2 Milliarden Euro der Konkurrenz nicht kampflos überlassen. Sprecherin Marina Winder bestätigte dem TA, dass die Bussnanger beim österreichischen Bundesverwaltungsgericht am Dienstag einen Nachprüfantrag gestellt haben.
Die ÖBB müssen ihre Nahverkehrsflotte erneuern und haben den Kauf von insgesamt 300 elektrischen Triebzügen ausgeschrieben. Beworben hat sich neben den bisherigen «Hoflieferanten» der Staatsbahn, Siemens und Bombardier, auch Stadler Rail mit dem bewährten «Flirt», der in der Schweiz und in vielen europäischen Ländern bereits im Einsatz ist. Die Schweizer konnten in Österreich zwar ihre Züge an etliche kleine Privatbahnen verkaufen, jedoch nicht an die grosse Staatsbahn – auch aus politischen Gründen: Für Siemens lobbyierten Sozialdemokraten und Gewerkschaften. Die Chancen schienen dieses Mal aber besser, da Siemens durch technische Probleme beim neuen Triebzug Desiro ML bei den ÖBB etwas in Ungnade gefallen war.
China schlägt Stadler Rail in Tschechien
Als erstes Unternehmen in der EU steigt eine tschechische Privatbahn von Stadler-Zügen auf chinesische Schienenfahrzeuge um.
«Swiss made» lautete das Werbemotto, als das tschechische Eisenbahnunternehmen im November 2012 den Betrieb aufnahm. Der Unternehmer Leos Novotny kaufte bei Stadler Rail fünf Triebzüge des Typs Flirt und fährt seither als Konkurrenz zur tschechischen Staatsbahn auf der Hauptstrecke von Prag über Olmütz nach Ostrava und in die Slowakei. Jetzt will Novotny den Fahrplan verdichten und die Strecke bis nach Polen verlängern. Doch die neuen Züge werden nicht mehr aus Bussnang kommen, sondern aus Zhuzhou in der chinesischen Provinz Hunan.
Die Flottenerweiterung kommt aus China: Ein Flirt von Stadler Rail im Bahnhof Olomouc. Foto: B. Odehnal
Der Traum von der «Goldenen Elf»
Fussball und Politik sind in Ungarn eng verzahnt. Regierung und Grosskonzerne wollen mit viel Geld ein neues Wunderteam schaffen.
Nach dem Achtelfinal war Schluss: 0:4 verlor Ungarn gegen Belgien und musste Frankreich verlassen. Bei der Rückkehr nach Budapest wurde sie dennoch von tausenden Fans gefeiert, als hätte sie die EM gewonnen. Auch in den Medien bekam das Team Lob in Hülle und Fülle: Es habe das Land aus der Depression geholt, den Ungarn neues Selbstbewusstsein gegeben. Das Gruppenspiel gegen den späteren Europameister Portugal (3:3) gehörte zu den schönsten und spannendsten des gesamten Turniers.
Im Schatten des Fussballstadions: Viktor Orbans Haus in der kleinen Gemeinde Felcsut. Foto: B. Odehnal