Ringier gibt «Népszabadság» auf
Um die Fusionspläne mit Axel Springer nicht zu gefährden, verkauft der Schweizer Medienkonzern Ungarns letzte unabhängige Tageszeitung.
Der Schweizer Medienkonzern Ringier möchte sein Engagement in Ungarn reduzieren und die Tageszeitung «Népszabadság» verkaufen. Was bisher nur als Gerücht durch ungarische Redaktionsräume geisterte, wurde vergangene Woche durch den Minderheitseigentümer der Zeitung bestätigt. Die Stiftung für freie Presse, die von der Sozialistischen Partei Ungarns gegründet wurde und ihr weiterhin nahesteht, hält derzeit 27,7 Prozent an der Aktiengesellschaft, Ringier hat 70,8 Prozent, der Rest gehört den Redaktoren. In einem Interview bestätigte der Stiftungsvorsitzende Laszlo Kranitz, dass Ringier seine Anteile verkaufen wolle. Die Stiftung habe ein Vorkaufsrecht und ein «korrektes Kaufangebot» präsentiert. Ringiergibt zu seinen Geschäftsbeziehungen keinen Kommentar ab. Ungarn ist das letzte Land im Osten Europas, in dem der Schweizer Medienkonzern noch keine Partnerschaft mit dem deutschen Axel-Springer-Konzern eingegangen ist. Die ungarische Medienbehörde will diese Fusion aber nur genehmigen, wenn sichRingier von «Népszabadság» trennt.
Ungarns letzte liberale Zeitung bangt um ihre Existenz
«Népszabadság» gehört zu den wenigen ungarischen Medien, die kritisch über die Regierung berichten. Nun herrscht Unruhe auf der Redaktion: Will der Schweizer Medienkonzern Ringier das Blatt verkaufen?
Das Bürohaus in der Budapester Becsi ut (Wiener Strasse) ist gespenstisch leer. Wo einst Hunderte Menschen arbeiteten, sind Zimmer und Gänge verwaist. Nur die Redaktionsbüros der Zeitung «Népszabadság» sind noch besetzt. Aber die Stimmung ist schlecht, geprägt von Nervosität und Gerüchten. Ungarns letzter grosser unabhängiger Zeitung droht der Verkauf und damit ein ungewisses Schicksal.