Tagesanzeiger

«Wir müssen rennen, sonst sind wir tot»

13. Juni 2022

Weil der Luftraum gesperrt und die Häfen gesprengt sind, ist die Ukraine im Krieg auf die Bahn angewiesen. Bahnchef Olexandr Kamischin spricht über die grosse Zerstörung – und mögliche Hilfe aus der Schweiz.


«Die Züge müssen weiterfahren»: Bahnchef Olexandr Kamischin bei einer Lagebesprechung in einem Speisewagen im Bahnhof Irpin. Foto: B. Odehnal

Olexandr Kamischin steht auf dem Bahndamm oberhalb des Flusses Irpin und blickt die Gleise entlang, die von hier in die ukrainische Hauptstadt Kiew führen. «Experten sagten uns, der Wiederaufbau einer zerstörten Brücke sei eine Frage von Monaten», sagt Kamischin und zeigt stolz auf den provisorischen Brückenpfeiler aus Stahlrohren: «Wir haben es in 30 Tagen geschafft!»

Der erst 38-jährige Kamischin ist seit einem knappen Jahr Vorstandsvorsitzender des grössten staatlichen Betriebs in der Ukraine, der Staatsbahn Ukrsalisnizja. An diesem heissen Junitag ist er mit einem Extrazug aus Kiew nach Irpin gekommen. Im Dieseltriebwagen ist ausser Kamischins engsten Mitarbeitern auch der Journalist von Tamedia mitgefahren.

«Das sind Killer an der Fernbedienung»

26. Oktober 2022

Recherchegruppe Bellingcat Rund 30 junge IT-Nerds programmieren die russischen Raketen, die in der Ukraine Zivilisten töten und Infrastruktur zerstören. Christo Grozev, Russland-Spezialist, sagt, wie die Gruppe auf ihre Enttarnung reagiert hat.


«Wir hatten nur eine einzige Chance»: Christo Grozev bei einem Besuch in Zürich. Foto: B. Odehnal

Die Flugbahnen der russischen Raketen, die in der Ukraine Wohnhäuser, Schulen oder Spitäler dem Erdboden gleichmachen, werden von IT-Nerds in Moskau und St. Petersburg programmiert. Das hat die internationale Recherchegruppe Bellingcat herausgefunden. Bei den Programmierern handelt es sich nach Angaben der Gruppe um etwa 30 junge Männer und Frauen. Manche von ihnen sollen aus der Gamingszene kommen, andere sollen bereits für das russische Militär im Syrienkrieg tätig gewesen sein, wie etwa der Kommandant der Gruppe. Der jüngste Raketenprogrammierer in der Gruppe ist erst 24 Jahre alt.

Auf der Spur der Ölbarone

14. Dezember 2022

Oligarchen in der Schweiz Der Nationalrat diskutiert heute die Einsetzung einer Taskforce zum Aufspüren von versteckten russischen Vermögen. Ein Hotel in St. Moritz zeigt, warum das so schwierig ist.


Das Hotel Grace La Margna während des Umbaus. Die Eröffnung wurde mehrmals verschoben.
Foto: B. Odehnal

«Einzigartige Angebote. Neue Massstäbe. Eine Legende.» Auf der Website des Hotels Grace La Margna wird nicht mit Superlativen gespart. Dabei ist das Jugendstilhaus gleich hinter dem Bahnhof von St. Moritz noch immer eine Baustelle: Der massive Anbau ist unter einem Gerüst versteckt, durch ein Fenster im Altbau kann man Baumaterial, Gipskartonplatten und herunterhängende Leitungen sehen.

Zürcher Anwalt im Visier von US-Ermittler

14. Mai 2018

Der Jurist Stephan Roh mit Russland-Verbindungen wurde in New York von Mitarbeitern Robert Muellers befragt. Er sieht in Russia-Gate eine Verschwörung – gegen Donald Trump.

Es ist der Albtraum von Amerika-Reisenden: Bei der Passkontrolle am New Yorker Flughafen wird man von schwer bewaffneten Beamten des FBI aus der Warteschlange geholt, in einen Verhörraum gebracht und stundenlang befragt. Genau das erlebte im vergangenen Oktober der Schweizer Stephan Roh. Das Verhör führten in diesem Fall jedoch nicht nur FBI-Agenten, sondern auch Mitarbeiter des Sonderermittlers Robert Mueller. Er soll mögliche Verbindungen des Wahlkampfteams von Donald Trump nach Russland aufklären.


Stephan Roh (ganz links) auf dem Podium des Valdai Clubs in Moskau, 2016.
Ganz rechts: Joseph Mifsud. Foto: Valdai Club

Als der Wert einer Schweizer Firma plötzlich explodierte

23. Januar 2017

Aus 40.000 Franken 6,4 Milliarden gemacht: Während General Electric in der Schweiz Stellen abbaut, ist dem US-Konzern mit seiner Tochterfirma ein Kunststück gelungen. Die Steuerbehörden haben nichts davon.

In nur 60 Minuten stieg der Wert einer in Baden AG registrierten Firma um das 167 500-Fache. Dieses Meisterwerk vollbrachte der US-Konzern General Electric (GE) mit seiner Aargauer Tochterfirma GE Energy Switzerland. Dabei blieb jedoch alles in der Familie: Am Montag, 21. Dezember 2015, 12 Uhr wurde GE Energy Switzerland von der holländischen GE Energy Europe an die ungarische GE Hungary verkauft. Für die Schweizer Firma zahlen die Ungarn lediglich den Preis der Stammaktien: 40 000 Franken.
 
Am selben Tag um 13 Uhr wurde GE Energy Switzerland von den Ungarn wieder verkauft – an jene Firma, die sie eine Stunde zuvor abgestossen hatte: die holländische GE Energy Europe. Als Verkaufspreis wird in ungarischen Dokumenten ein «marktkonformer Preis» genannt: 1860 Milliarden Forint oder 6,4 Milliarden Schweizer Franken. Den Holländern war eine Firma, die sie eine Stunde zuvor sehr günstig verkauft hatten, plötzlich Milliarden wert.

Ringier gibt «Népszabadság» auf

5. September 2012

Um die Fusionspläne mit Axel Springer nicht zu gefährden, verkauft der Schweizer Medienkonzern Ungarns letzte unabhängige Tageszeitung.

Von Bernhard Odehnal, Wien

Der Schweizer Medienkonzern Ringier möchte sein Engagement in Ungarn reduzieren und die Tageszeitung «Népszabadság» verkaufen. Was bisher nur als Gerücht durch ungarische Redaktionsräume geisterte, wurde vergangene Woche durch den Minderheitseigentümer der Zeitung bestätigt. Die Stiftung für freie Presse, die von der Sozialistischen Partei Ungarns gegründet wurde und ihr weiterhin nahesteht, hält derzeit 27,7 Prozent an der Aktiengesellschaft, Ringier hat 70,8 Prozent, der Rest gehört den Redaktoren. In einem Interview bestätigte der Stiftungsvorsitzende Laszlo Kranitz, dass Ringier seine Anteile verkaufen wolle. Die Stiftung habe ein Vorkaufsrecht und ein «korrektes Kaufangebot» präsentiert. Ringiergibt zu seinen Geschäftsbeziehungen keinen Kommentar ab. Ungarn ist das letzte Land im Osten Europas, in dem der Schweizer Medienkonzern noch keine Partnerschaft mit dem deutschen Axel-Springer-Konzern eingegangen ist. Die ungarische Medienbehörde will diese Fusion aber nur genehmigen, wenn sichRingier von «Népszabadság» trennt.

Frau Kulczyk hat eine Vision

29. Dezember 2018

Susch im Unterengadin war bisher nur als Verkehrsknoten und Autodorf bekannt. Eine polnische Milliardärin will es zum Zentrum moderner Kunst machen. Kann das funktionieren?

Wird der Platz in der Kirche wohl reichen? An normalen Tagen würde Messmer Hermann Thom so eine Frage nicht einmal in den Sinn kommen. Susch im Unterengadin hat knapp über 200 Einwohner, die meisten von ihnen gehen nicht regelmässig in den Gottesdienst. Wenn der Schnee hoch liegt oder der eiskalte Westwind durch das Tal weht, dann «kommen vier, höchstens fünf», sagt Thom, während er die Steinterrasse vor der Kirche kehrt.


Aus einer alten Brauerei machten zwei Zürcher Architekten ein modernes Museum.
Foto: B. Odehnal

Mit «Swissness» in die Falle gelockt

20. Oktober 2018

Sicherheit und Seriosität versprachen zwei Schweizer Investmentfirmen ihren internationalen Kunden. Nun sind bis zu 500 Millionen Franken verschwunden.

Es war die Zeit vor Donald Trump: Robin Cooper, pensionierter Pilot und Farmer in Oklahoma, sah die USA auf dem Weg in die Planwirtschaft und wollte seine Ersparnisse in Sicherheit bringen. Er fand eine Firma, die «Swiss security» versprach, und investierte 2015 einen sechsstelligen Betrag. Drei Jahre danach ist das Vermögen verschwunden. Der 76-jährige Cooper hat noch seine Farm, aber «grössere Ausgaben oder Reisen liegen nicht mehr drin».

Russischer Angriff auf einen Schweizer Strafverfolger

26. Juli 2018

Eine aus der Trump-Russland-Affäre bekannte Anwältin will einen Schweizer Staatsanwalt zu Fall bringen.

Für Natalia Weselnitskaja ist die Zeit gekommen, um «in die Offensive zu gehen». Per Mail gibt die russische Anwältin im April dieses Jahres Anweisungen an zwei Schweizer Kollegen: Der ältere solle «sanft, aber beharrlich» auftreten, der jüngere «hart und aggressiv». Good cop, bad cop. Das Ziel: der Schweizer Staatsanwalt des Bundes, Patrick Lamon. Er ermittelt gegen Klienten des russisch-schweizerischen Anwaltstrios. «Wir sollten versuchen, ihn loszuwerden», empfiehlt der eine Schweizer Anwalt, als er der Russin zurückmailt. Belastendes Material über Lamon soll Zeitungen zugespielt werden und der Absender verborgen bleiben.

Berge der Verschwiegenheit

14. Juli 2018

 

Ein österreichischer Autor versucht verzweifelt, den Kanton Graubünden und seine Menschen zu verstehen. Das ist auch für ein Schweizer Publikum lesenswert.

So viele Superlative auf so kleinem Raum. Der grösste, der gebirgigste, der am dünnsten besiedelte Kanton der Schweiz ist Graubünden. Hier ragen nicht nur die meisten Gipfel über 3000 Meter in den Himmel, hier soll sich auch die höchste ständig bewohnte Siedlung Europas, das älteste Weingut Europas, der älteste prähistorische Felssturz der Welt befinden.


«Hundefresser» und «Kuhwürger»: Die Dörfer im Unterengadin haben seltsame Spitznamen. Foto: B. Odehnal

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