Bulgarien

Bojko Borisow wird beschuldigt, seinen Wahlsieg gekauft zu haben

14. Mai 2013

EU-Beobachter haben den Urnengang in Bulgarien scharf kritisiert. Andreas Gross vermutet gar, dass 30 Prozent der Stimmen manipuliert wurden.

Die Wahlbeobachter sind nicht zufrieden. Die Parlamentswahlen in Bulgarien seien fair und frei verlaufen, stellt die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest: Allerdings habe es auch Vorfälle gegeben, die «das Vertrauen in die staatlichen Institutionen schwächen». Deutlicher sagt es der Schweizer Nationalrat Andreas Gross (SP), der Bulgarien für die Parlamentarische Versammlung des Europarats beobachtete: Die Wahlen seien nur sehr bedingt als frei und fair zu bezeichnen, erklärte Gross gestern in Sofia. Es habe keine Chancengleichheit für alle Parteien gegeben, zu viele Wähler seien unter Druck gesetzt worden, «zu viele Menschen hatten Angst, ihre Meinung im Wahlkampf und in der Wahlzelle auszudrücken». Gross spricht von der Entfremdung der politischen Klasse von den Bürgern. Und zwar «in einem Ausmass, das schockierend ist».

«Pöbeln Sie mich jetzt an?»

8. Mai 2013

Nationalistenführer Wolen Siderow sieht Bulgarien von ausländischen Konzernen und der Türkei bedroht.

Mit Wolen Siderow sprach Bernhard Odehnal in Sofia
 
Sie haben die letzten Jahre die Regierung von Bojko Borisow still unterstützt. Wollen Sie diese Politik nach den Wahlen fortsetzen?

Nein. Bulgarien ist zurzeit in den Händen ausländischer Konzerne. Es ist zur Kolonie geworden in den Bereichen Energie, Rohstoffe, Tankstellen, Dienstleistungen, Goldgewinnung, Einzelhandel. Das darf so nicht weitergehen. Bojko Borisows Partei hat die schlechten Verträge mit internationalen Konzernen nicht aufgelöst. Damit hat sie ihre Chance verspielt.


Wahlplakate für Wolen Siderow und die Partei «Ataka» in Sofia. Foto: B. Odehnal 

Bulgarien sucht den Sündenbock

8. Mai 2013

Die Bulgaren wählen ein neues Parlament. Im Mittelpunkt des Wahlkampfs stehen Armut und Machtmissbrauch.

«Eigentlich ist es eine Sünde», sagt Petar Dobrew und zeigt auf ein mit Blumen geschmücktes Foto eines hübschen jungen Mannes mit krausen Haaren: «Aber ich kann ihn verstehen, ich habe auch schon an Selbstmord gedacht. Das Leben hier ist unerträglich.» Das improvisierte Mahnmal im Zentrum Sofias erinnert an Plamen Goranow, der sich im Februar aus Protest gegen einen korrupten Bürgermeister vor dem Rathaus der Stadt Warna selbst verbrannte. Sein Tod war der erste einer Reihe von Selbstverbrennungen in Bulgarien, bei denen mindestens vier Menschen ums Leben kamen.


Kundgebung der nationalistischen Partei Atka in Sofia gegen angebliche Okkupationspläne der Türkei. Foto: B. Odehnal

Der Innenminister hört mit

27. April 2013

Bulgarien wird kurz vor den Wahlen von einem Abhörskandal erschüttert. Der Innenminister soll jahrelang sämtliche Regierungskollegen und den Staatspräsidenten bespitzelt haben – mit von der EU finanzierten Geräten.

Erst brachte er zur Sicherheit seine Familie ins Ausland. Dann setzte sich Bulgariens ehemaliger Landwirtschaftsminister Miroslaw Najdenow ins TV-Studio und legte einen Skandal offen, der das Land noch lange beschäftigen wird. Zeitungen schrieben danach von einer «Bombe» und vom «bulgarischen Watergate». In Bulgarien ist noch niemand aus der Regierung zurückgetreten, allerdings sind die Enthüllungen erst zwei Tage alt: Sein Parteikollege, Innenminister Tswetan Tswetanow, habe in den vergangenen Jahren nicht nur ihn, sondern alle Minister, wichtige Unternehmer und den Staatspräsidenten abhören lassen, sagte Najdenow im Fernsehen.


«Für ein würdiges Leben»: Protestcamp gegen Korruption und Preiserhöhungen in Sofia. Foto: B. Odehnal

Borisow beugt sich der Strompreis-Revolte

21. Februar 2013

Schwere Krise im EU-Land Bulgarien: Unter dem Druck gewalttätiger Massenproteste tritt die Regierung von Bojko Borisow geschlossen zurück. Doch die Aktionen gehen weiter – Bulgarien droht in Anarchie zu versinken.

Jeder Tropfen Blut sei eine Schande für ihn, begründete Bulgariens Premierminister Bojko Borisow gestern Mittwoch vor dem Parlament in der Hauptstadt Sofia seine Ankündigung, dass die gesamte Regierung zurücktreten werde: Er könne nicht den Staat lenken, «wenn draussen die Menschen von der Polizei geschlagen werden». Borisows Entschluss kam nicht nur für die Abgeordneten, sondern auch für die meisten Regierungsmitglieder überraschend. Am Tag zuvor hatte der bullige Vorsitzende der Partei Gerb (Bürger für eine europäische Entwicklung Bulgariens) noch bekräftigt, dass er trotz Massenprotesten bis zuden nächsten Parlamentswahlen im Juli im Amt bleiben wolle. Doch der Druck der Strasse war stärker.

Subscribe to RSS - Bulgarien