«Back-to-back» – und dann war das Geld weg

9. Juni 2016

Über 700 Millionen Dollar wurden von ukrainischen Banken zu Offshorefirmen verschoben. Ein Teil davon lief über Liechtenstein. 

Er war russischer Spitzendiplomat, dann Geschäftsmann in Moskau und Kiew und verdiente als CEO und Verwaltungsratspräsident Millionen. Heute meidet Anatoli Danilitski das Rampenlicht. Sein Bankkonto auf Zypern wurde von der Justiz gesperrt, in der Ukraine wird gegen ihn ermittelt. Danilitski soll das Vermögen seiner ukrainischen Energobank abgezweigt haben. 

Die ukrainische Anti-Korruptions-Organisation AAC behauptet, dass der Oligarch Hilfe aus Liechtenstein bekam: Die renommierte Bank Frick habe es dem Russen ermöglicht, 15 Millionen Dollar auf die Jungfraueninseln zu verschieben. Danilitski sei damit nicht allein: AAC in Kiew hat neun mittlerweile insolvente ukrainische Banken identifiziert, von denen 756 Millionen Dollar zu Offshorefirmen verschoben wurden. Die Geschäfte seien über Meinl Bank und Bank Winter in Österreich, East-West-United in Luxemburg und die Bank Frick in Liechtenstein abgewickelt worden. «Wir werden jetzt die Staatsanwaltschaft in Liechtenstein kontaktieren», sagt die Leiterin des AAC, Daria Kaleniuk, zum TA. Bank-Frick-Sprecher Sigvard Wohlwend, bestätigt die Kreditvergaben. Das sei ein gängiges Geschäftsmodell vieler Banken mit der Ukraine gewesen, «bei den meisten Geschäften hat es anstandslos geklappt». 


So verschwanden die Millionen aus der Ukraine: Das Anticorruption Action Centre erklärt back-to-back-Geschäfte. 

Das Modell wird «back-to-back» genannt und lässt sich am Beispiel von Anatoli Danilitski erklären: Der Russe wurde 2011 Besitzer und Verwaltungsratspräsident der ukrainischen Energobank. Im gleichen Jahr wurde auf den Virgin Islands die Firma Acanter Investments gegründet. Sie gehöre Danilitski, behauptet AAC. Bald danach erhielt Acanter Investment von der Bank Frick einen Kredit über 15 Millionen Dollar. Bankensprecher Wohlwend bestätigt die Höhe des Kredits. Die wirtschaftlich Berechtigten der Offshorefirmen seien der Bank Frick bekannt. Namen will er unter Berufung auf das Gesetz nicht nennen. Parallel dazu eröffnete Energobank ein Konto bei der Bank Frick und überwies 15 Millionen Dollar als Sicherheit für den Kredit an Acanter. 

Zugriff auf Vermögen verweigert 

2015 geriet Energobank in Schwierigkeiten. Löhne wurden nicht mehr bezahlt, Kunden der Zugang zu ihren Vermögen verweigert. Im Februar musste der ukrainische Einlagensicherungsfonds die Bank übernehmen und ersuchte die Bank Frick um Auskunft über das Konto mit den 15 Millionen. Als Antwort, so behauptet ACC, habe die Liechtensteiner Bank die Sicherheit geltend gemacht. Der zeitliche Zusammenhang wird jedoch von der Bank Frick dementiert. Die Bank habe erst auf die Sicherstellung zugegriffen, als Zinsen nicht mehr gezahlt und Kredite nicht mehr bedient wurden, sagt Wohlwend. 

Fazit: Acanter Investment behielt 15 Millionen Dollar aus dem nicht zurückgezahlten Kredit, Bank Frick bekam 15 Millionen Dollar aus der Sicherstellung. Die Energobank in Kiew verlor 15 Millionen Dollar. Weitere Anfragen aus der Ukraine blieben von der Bank Frick unbeantwortet, behauptet ACC. Bankensprecher Wohlwend: «Wir sind nicht die richtige Anlaufstelle, das muss über die Finanzmarktaufsicht laufen.» 

Die ukrainische Bank National Credit versuchte, die Rückgabe des Vermögens auf dem Korrespondenzkonto einzuklagen. Ein Liechtensteiner Gericht lehnte das ab. Diese Gelder seien nur zur Besicherung der Kredite gedacht gewesen, betont die Bank Frick: Deshalb kamen sie nicht in die Konkursmasse. 

Mit ähnlichen Back-to-back-Geschäften wurden über die Bank Frick 156 Millionen Dollar von ukrainischen Banken abgesaugt, ermittelte das ACC. Der grösste Posten davon betrifft die Delta Bank mit 115,5 Millionen Dollar. Das Geld landete auf dem Konto von Banbury Management mit Sitz in Belize. Diese Offshoregesellschaft wird dem ehemaligen Delta-Eigentümer Mikola Lagun zugeschrieben. Gegen ihn wird auch in Weissrussland wegen Insolvenz des weissrussischen Ablegers der Delta-Bank ermittelt. 35 Millionen Dollar musste der weissrussische Konkursverwalter abschreiben. Ein Teil davon lief über die Bank Frick. 

Dutzende Banken involviert 

Laut ukrainischer Nationalbank sind 65 Banken insolvent. Der staatliche Einlagensicherungsfonds zahlte an die betroffenen Kontoinhaber bisher 3,2 Milliarden Euro Entschädigungen. 

Daria Kaleniuk sieht ausreichend Beweise, um ein Geldwäscheverfahren in der Ukraine zu eröffnen. Da die westlichen Banken für Konten und Kredite Provisionen und Zinsen kassiert hätten, gäbe es auch gute Gründe für Staatsanwälte in Wien oder Vaduz, Ermittlungen aufzunehmen. Ist die Bank Frick also wissentlich oder unwissentlich in kriminelle Machenschaften verstrickt? Das müsse die ukrainische Justiz feststellen, sagt Bankensprecher Sigvard Wohlwend: «Wir sind bereit, unsere Unterlagen offenzulegen. Aber dazu müsste die Ukraine an Liechtenstein ein Ansuchen um Rechtshilfe stellen. Die Bank ist grundsätzlich nicht wissentlich in illegalen Geschäften aktiv.»

Der ehemalige Besitzer der Energobank, Anatoli Danilitskij, hat jetzt zumindest Probleme, zu seinem Vermögen in der Ukraine zu kommen. Seine Konten wurden im März 2016 von einem Gericht in Kiew gesperrt.