Bye bye, Betonspange

21. September 2012

Ein zentrales Bauwerk für die Ski-WM 2013 missfällt dem ÖSV-Präsidenten - und muss weg.

Die Werbemaschine läuft bereits, der Ticketvorverkauf beginnt in diesen Tagen. Alles scheint bereit für die Ski-Weltmeisterschaft im steirischen Schladming, im Februar 2013. Alles - ausser einer Kleinigkeit, die aber leider mehrere Tonnen schwer und aus massivem Beton ist. Deren Entfernung sorgt nun für ordentliche Verstimmung unter Organisatoren und Einheimischen.

Das Streitobjekt besteht aus Säulen und einem Dach, das in einer eleganten Kurve den Zielraum der Abfahrtspiste umrahmt. Genannt wird es «Loop», und seine Funktion ist rein ästhetischer Natur. Trotzdem waren Schladmings Bürgermeister Jürgen Winter und der Geschäftsführer der örtlichen Seilbahngesellschaft, Ernst Trummer, sichtlich stolz, als sie die Betonspange 2011 eröffneten: Schladming sei damit für die WM 2013 gerüstet. Und der Loop sollte nach dem Event als städtebauliches Element weiterbestehen.

Viel zu spät erkannten die Lokalpolitiker, dass ihnen der Segen von Peter Schröcksnadel fehlte. Schröcksnadel aber ist nicht nur schwerreicher Besitzer von Seilbahnen und Schleppliften, er ist vor allem Präsident des Österreichischen Skiverbands. Seine Worte sind in Stein gemeisselt, seine Entscheidungen sind Dogma. Der Bundespräsident darf in Österreich kritisiert werden, der ÖSV-Präsident ist sakrosankt.

Pech für die Schladminger: Schröcksnadel gefällt der Loop nicht. Er hält ihn für störend, weil er Zuschauerplätze wegnimmt. Mit Loop könnten im Zielraum 20 000 Menschen den Abfahrern zu jubeln, ohne Loop hingegen 30 000. Schröcksnadel möchte zur WM insgesamt 400 000 Besucher bringen, da kann er auf keinen Platz im Zielraum verzichten. Schon gar nicht wegen sinnloser Architektur. Also lautet der Spruch des Herrn: Der Loop muss weg.

Der Streit um das Stück Beton ist Höhepunkt einer Auseinandersetzung, die bereits 2008 begann, als Schladming von der FIS den Zuschlag für die WM bekam. Schröcksnadel wollte eine richtig grosse Skiarena, viele Millionen Euro teuer. Die Gemeinde Schladming schreckte vor dem Grössenwahn zurück. Und setzte sich ausnahmsweise durch.

Doch das Imperium schlug zurück. Diesen Sommer musste Schladmings Seilbahnchef Trummer überraschend den Hut nehmen. Der Grund ist nicht ganz klar, die Bilanzen der Gesellschaft sind in Ordnung, der Geschäftsführer galt als integer und tüchtig. Offenbar war er jedoch Schröcksnadel gegenüber nicht devot genug.

Nach der Entfernung Trummers aus der Seilbahngesellschaft brach auch die Unterstützung für den Loop zusammen. Bürgermeister Winter musste vor die Presse treten und sichtlich verärgert den Abriss des Loops bekannt geben: Er habe keine andere Möglichkeit, der «Präsident» habe sich durchgesetzt.

In den kommenden Tagen sollen die Bagger auffahren und im Zielraum Platz für mehr Zuschauer schaffen. Rund 500 000 Franken hat der Bau der Betonspange gekostet, mit dem Abriss kommen noch einmal rund 100 000 dazu. Kein Problem, der Steuerzahler werde dadurch nicht belastet, versichert der ÖSV-Präsident. Wer die Kosten schliesslich tragen soll, sagt Schröcksnadel aber nicht, er möchte «das Thema nicht weiter aufschaukeln».

Der Zielraum und der Loop gehören der Seilbahngesellschaft, und die befindet sich im Besitz des Bundes und des Landes Steiermark. Letztlich wird der Abriss also doch mit Steuergeldern bezahlt werden. Leisten kann sich das ein hoch verschuldetes Bundesland wie die Steiermark eigentlich nicht. Für sie ist die WM ohnehin ein hochriskantes Geschäft. Um die finanzielle Belastung zu senken, müsste die Seilbahngesellschaft verkauft werden.

Das wäre in Schladming zwar nicht populär, aber irgendwann wohl unvermeidbar. Einen Interessenten für den Kauf der Lifte und Gondelbahnen soll es schon geben, berichtet der Wiener «Standard». Sein Name: Peter Schröcksnadel.