Die Dollars lagen auf der Damentoilette

28. November 2012

TV-Bösewicht Larry Hagman liess sich angeblich von Rumäniens Diktator Ceausescu bestechen.

Vielleicht ist die Geschichte nur sehr gut erfunden. Anderseits: Es gibt darin viele Details, die historisch erwiesen sind. Warum sollte nicht auch der Rest stimmen? Die Akteure sind schon gestorben. Aber selbst wenn sie noch am Leben wären, würden sie wohl nicht darüber reden. Denn etwas peinlich ist es schon. Jetzt aber genug vom Spannungsaufbau, wir sind ja nicht in einem Hitchcock-Film.

Die Geschichte geht so: Larry Hagman, der vor kurzem verstorbene Ölbaron J. R. Ewing aus der Soap-Opera «Dallas», soll in den 80er-Jahren nicht nur Werbung für die TV-Serie in Rumänien gemacht haben, sondern dafür von Nicolae Ceausescu auch fürstlich bezahlt worden sein. Der Diktator war ein grosser Fan der Serie und liess «Dallas» als einziges westliches Programm im Staatsfernsehen laufen. Die offizielle Begründung: Man wolle den Bürgern die Abgründe des Kapitalismus zeigen.Als Hagman nach Bukarest kam, bat Ceausescu um die Rechte, ein riesiges Plakat mit dem Bild des TV-Bösewichts in der Stadt aufhängen zu dürfen. Im Gegenzug bot er eine mit Dollarnoten prall gefüllte Reisetasche an, die Hagmans Frau am nächsten Tag auf der Damentoilette eines Regierungsbüros abholen könne. Was diese auch tat. Das Ehepaar soll das Geld ziemlich schnell ausgegeben haben.

Hagman verriet die Bestechungsaffäre einem britischen Journalisten mit der Auflage, sie erst nach seinem Tod zu veröffentlichen. Er starb vergangenen Freitag mit 81 Jahren. Und am Sonntag dann schrieb die «Sunday Times» über das rumänische Abenteuer.Warum der Schauspieler das unmoralische Angebot eines kommunistischen Alleinherrschers annahm, wird nicht erklärt. Das Geld kann nicht der Grund gewesen sein. Mitte der 80er-Jahre gehörte Hagman zu den bestbezahlten Schauspielern der USA. Vielleicht wollte er einfach einmal im echten Leben so böse sein wie seine Serienfigur J. R. Vielleicht glaubte er auch, mit der Geschenkannahme das System von innen auszuhöhlen. Nach der Wende forderte Hagman allen Ernstes die Anerkennung der Welt für seinen Anteil am Ende des realen Sozialismus. Die Ausstrahlung von «Dallas» im Osten habe den Menschen einen anderen Westen als jenen der östlichen Propaganda gezeigt. Eine Welt mit Salons und getrennten Badezimmern für alle Familienmitglieder: Wer hätte nicht gern so leben wollen?Das Vorbild «Dallas» verlor auch nach dem Sturz der Kommunisten und der Erschiessung Ceausescus nicht an Anziehungskraft in Rumänien. Vor allem bei der neuen Schicht der Oligarchen. Einer dieser Neureichen, ein Geschäftsmann namens Ilie Alexandru, war so begeistert von der Serie, dass er die Southfork-Ranch der Ewings im rumänischen Kaff Slobozia nachbauen liess. Der «rumänische J. R. Ewing» (wie er sich selbst nannte) hatte sein Vermögen allerdings nicht mit Öl, sondern offiziell mit dem Import von Cheddar-Käse gemacht.

Was er erst beim Nachbau von Southfork merkte: Für die Serie in den USA wurde die Ranch mit Weitwinkelobjektiven gefilmt, um sie prächtiger erscheinen zu lassen. Die rumänische Kopie wurde deshalb um 20 Prozent grösser als das Original. Southfork in Slobozia bekam zudem einen Zoo, eine Pferderennbahn und eine 50 Meter hohe Kopie des Eiffelturms.

Hagman besuchte Rumänien wieder im Jahr 1999 und liess sich vom Oligarchen, der stilecht mit Stetson und in Cowboystiefeln auftrat, die Balkanversion der Ewing-Ranch zeigen. Kurz danach wurde Alexandru wegen Betrugs verurteilt und sass bis 2009 im Gefängnis. Sein Southfork musste er verkaufen, heute ist das Gelände eine Touristenattraktion. Alexandru starb 2010 an einem Schlaganfall. Zuvor vertraute er einer rumänischen Zeitung an, dass er vom Treffen mit Larry Hagman enttäuscht gewesen sei. In Wirklichkeit, philosophierte der gefallene Oligarch, habe er sich niemals wie J. R., sondern immer wie dessen jüngerer Bruder Bobby gefühlt.