Ein Land muss sich frankschämen

21. Dezember 2013

Frank Stronach ist enttäuscht. Österreich macht sich über den Milliardär lustig.

«Wo ist Frank?» – «Frank hatte keine Zeit.» (Charles Bronson in: «Spiel mir das Lied vom Tod»)

So war das also diese Woche im Wiener Parlament. Zwar ohne die drückende Sonne des amerikanischen Westens, ohne Fliege, ohne Zug. Und auch kein Charles Bronson stand am Perron. Aber die Frage stand doch bleischwer im Raum: «Wo ist Frank?» 

Frank hatte keine Zeit. Nicht einmal für die Regierungserklärung der neuen alten Grossen Koalition im Wiener Parlament. Der Abgeordnetensitz des Milliardärs und Parteigründers Frank Stronach blieb diese Woche leer.

Der Österreicher weilt in seiner Wahlheimat Kanada, auf seiner Ranch in Ontario. Vielleicht streichelt er dort seine teuren Rennpferde, während seine Parteikollegen in Wien ihre ersten Parlamentsreden halten. Vielleicht studiert er auch den Aktienkurs seines Konzerns Magna. Oder er sieht sich auf einem Plasmabildschirm Aufzeichnungen seiner Wahlkampfauftritte an. Möglich ist alles, sicher ist nur: Frank hatte keine Zeit.

Ende September wählten die Österreicher das Team Stronach und dessen Gründer ins Parlament. Mit viel weniger Stimmen als erwartet, aber es reichte für elf Sitze. Einen dieser Sitze beanspruchte der 81-Jährige für sich. Im Parlament war er seither nur einmal, bei der Vereidigung als Abgeordneter. Öfter wird er wohl auch nicht mehr kommen.

Nun meinen einige, er sei nur deshalb in Kanada, damit er dort seinen Lebensmittelpunkt behalte und nicht in Österreich Steuern zahlen müsse. Aber das sind die Neider, die Kleingeister. Die Wahrheit seines Rückzugs ist viel dramatischer. Frank ist enttäuscht. Sehr enttäuscht sogar. Er hat dem Land alles gegeben. Nicht nur Tausende Arbeitsplätze und richtungsweisende Architektur. Nein, er hat das Kostbarste gegeben. Seine Werte. Und die Wahrheit. Oder in seinem Sprachgemisch aus Englisch und Oststeirisch gesagt: «De Woahaid.»

Schlimm genug, dass seine Heimat das nicht zu würdigen weiss. Schlimm genug, dass neben dem Team Stronach überhaupt noch andere Parteien zur Wahl antreten durften (obwohl die gar nicht im Besitz der «Woahaid» waren). Jetzt macht man sich auch noch über ihn lustig. «Frankschämen» wurde von einer Fachjury der Universität zum «Wort des Jahres 2013» gewählt. Weil es «in treffender Kürze das Befremden vieler Bürger über das Verhalten eines spätberufenen Parteigründers bei seinen öffentlichen Auftritten beschreibt». Gut, Frank sagte halt oft und offen, was er so dachte. Aber schämen sollten sich nur jene, die den tieferen Sinn seiner Botschaften nicht verstanden.

Und dann das Wort «Trümmerfrau» für seine devote Stellvertreterin. Nur weil die ständig die Trümmer der Landesorganisationen aufräumen musste. Team Stronach Tirol: abgespalten. Team Stronach Vorarlberg: aufgelöst. Team Stronach Niederösterreich: Parteiausschlüsse. Wieso wollte ihm keiner glauben, wenn er von einem «Reinigungsprozess» in der Partei sprach? Nur deshalb, weil es eigentlich gar keine Partei mehr gab?

Nein, so kann ein Frank Stronach nicht arbeiten. Nicht einmal in seiner kleinen, rückständigen Heimat, der er noch so viel Gutes tun wollte. Schluss. Aus. Vorbei. Frank zieht sich nach Kanada zurück. Den Sitz im österreichischen Parlament will er aufgeben. Sein Geld nimmt er mit. Den Parteinamen ebenfalls. Niemand wird im Namen Stronachs auftreten können. Sollen sie sich doch nennen, wie sie wollen.

Oder sich die Köpfe einschlagen, wie in Niederösterreich. Dort gibt es mittlerweile drei Gruppen: Eine «Liste Frank», ein «Team Stronach NÖ» und ein «Team NÖ». Weitere Abspaltungen sind nicht ausgeschlossen. Irgendwann treffen sich Franks Jünger aber alle zum Showdown auf der staubigen Strasse eines Weinviertler Kuhdorfs. Wie einst Charles Bronson, in der Nahaufnahme von Sergio Leone. Und irgendjemand spielt dazu auf der Mundharmonika: das Lied vom Tod einer Partei.