Ein Schweizer in der Stichwahl

14. Januar 2013

In Tschechien schnitt Aussenminister Schwarzenberg im ersten Wahlgang überraschend gut ab. Er tritt in zwei Wochen gegen Ex-Premier Zeman an.

Dieses Ergebnis hat kein Meinungsforschungsinstitut vorausgesehen: Am Freitag und Samstag wählten die Tschechen erstmals ihr Staatsoberhaupt direkt: Sie schickten nicht den Bürokraten Jan Fischer in die zweite Runde, sondern Aussenminister Karel Schwarzenberg. Der Fürst mit tschechischem und Schweizer Pass erhielt mit 23,4 Prozent der Stimmen knapp weniger als der ehemalige sozialdemokratische Regierungschef Milos Zeman. Der 75-jährige Schwarzenberg war der älteste Kandidat, bekam aber die meisten Stimmen von jungen Wählern. Sie schätzen an ihm eine für tschechische Politiker ungewöhnliche Offenheit und dass er nicht in Korruptionsaffären verwickelt ist. Seine Partei Top 09 ist zwar in der umstrittenen Koalitionsregierung des bürgerlichen Petr Necas, überstand aber alle Skandale.

Debakel für die Rechte

Überraschend schlecht schnitt der ehemalige Interimspremier Jan Fischer ab, der mit 16,4 Prozent auf dem dritten Platz nur knapp vor dem Sozialdemokraten Jiri Dienstbier junior liegt. Deutlich weniger Stimmen als prognostiziert bekam der tätowierte Künstler und Kunstprofessor Vladimir Franz. Ihn wählten lediglich 7 Prozent.

Das Wahlergebnis gilt als schwere Niederlage für das bürgerliche Lager, der Kandidat der Regierungspartei ODS landete auf dem letzten Platz. Der scheidende Staatspräsident Vaclav Klaus sprach vom «grössten Debakel der Rechten in der postkommunistischen Ära». Besonders bitter für Klaus ist, dass mit Schwarzenberg ein Vertreter der ihm verhassten ehemaligen Regimekritiker und ein Freund des 2011 verstorbenen Vaclav Havel in die zweite Runde geht.

Das gute Abschneiden Schwarzenbergs kann als Abrechnung der Tschechen mit der Ära Klaus gesehen werden, in der Nepotismus und Korruption zum festen Bestandteil der politischen Kultur wurden. Klaus hatte sich vor den Wahlen für Zeman ausgesprochen, mit dem er einst die Macht im Staat teilte. Damals, 1998, akzeptierten Klaus und seine ODS eine sozialdemokratische Minderheitsregierung unter Zeman. Klaus wurde im Gegenzug Parlamentspräsident, seine Partei bekam wichtige Posten. Heute stimmen Zeman und Klaus vor allem in der Kritik an der EU und dem europäischen Einigungsprozess überein. Dieses Mal dürfte aber Zeman die Wahlempfehlung durch Klaus geschadet haben. Der Präsident hat sich zu Neujahr bei den Tschechen besonders unbeliebt gemacht, als er zahlreiche Wirtschaftsverbrecher amnestierte.

Die Stichwahl findet am 25. und 26. Januar statt. Schwarzenberg wird vom Mittelstand, von Intellektuellen, Künstlern und Studenten in den urbanen Zentren unterstützt. Zeman erhält die meisten Stimmen in den Dörfern und Arbeiterquartieren. Die Sozialdemokraten haben ihre Unterstützung für Zeman erklärt, obwohl der ehemalige Vorsitzende seine Partei im Zorn verliess. Es gibt aber auch Kritik aus dem linken Lager. Der sozialdemokratische Kandidat Dienstbier sagte in einem Interview, dass Zemans «militante Haltung» in der Aussenpolitik nicht akzeptabel sei.