Früchte der Korruption

31. Juli 2012

Kommentar. Bernhard Odehnal, Korrespondent für Osteuropa, über Rumänien nach dem Referendum.

Das Referendum in Rumänien hat den Streit zwischen Regierung und Präsident nicht beendet. Er wird eher noch heftiger und schmutziger werden. Für die Zeit bis zu den Parlamentswahlen im Herbst steht eine Schlammschlacht sondergleichen bevor. Weder Regierungschef Victor Ponta noch Präsident Traian Basescu sind Persönlichkeiten, die freiwillig auf Macht verzichten oder dem Gegner die Hand zur Versöhnung reichen können.

Beide Politiker reklamieren den Sieg im Referendum für sich und liegen damit nicht falsch. Das Recht ist auf der Seite Basescus, die erforderliche Wahlbeteiligung wurde nicht erreicht. Anderseits votierten fast 90 Prozent für die Abberufung des Präsidenten. Jeder Politiker einer halbwegs funktionierenden Demokratie müsste bei so einem Ergebnis freiwillig die Konsequenzen ziehen.

Ist Rumänien eine Demokratie? Wenn man die Parteienlandschaft betrachtet: sicher nicht. Auch wenn sich Parteien «liberal» oder «sozialdemokratisch» nennen, sind sie einzig Interessenvertretungen der Oligarchen. Der Rechtsstaat ist schwach, Justiz und Verwaltung sind korrupt, Bildungs- und Gesundheitssystem stehen vor dem Kollaps. Wer für jede Baugenehmigung und jeden Arztbesuch Schmiergeld zahlen muss, glaubt nicht an den Staat und seine Institutionen.

Die EU ist daran nicht unschuldig. Für die Kommission haben Investitionen in Rechtsstaat, Bildung und Zivilgesellschaft der neuen Mitgliedsländer keine Priorität. Geld aus Brüssel geht primär in den Ausbau der Infrastruktur. Doch dort ist die Korruption am grössten, Milliarden verschwinden in den Taschen von Bürgermeistern und Bauunternehmern.

Verantwortung für die Misere tragen auch westliche Manager. Wer glaubt, dass beim Kauf rumänischer Energieunternehmen und Banken durch österreichische oder deutsche Konzerne kein Schmiergeld floss, ist sehr naiv. Solange die Renditen stimmten, war das kein Problem. Auch nicht für die EU. So hat der Westen in den neuen Mitgliedsstaaten eine «Classe politique» grossgezogen, die jetzt in massloser Arroganz glaubt, sich über alle Spielregeln hinwegsetzen zu können. Es wird schwer, sie wieder loszuwerden. Denn alle anderen haben sich bereits mit Grausen von der Politik abgewendet.