Frank Stronach verschweigt sein Schweizer Vermögen

29. August 2013

Der österreichische Milliardär und Neo-Politiker legt seine österreichische Steuerleistung offen, verschleiert aber seine Finanzkonstruktion in der Schweiz.

«Ich bin ein grosser Fisch in der Welt. Jeder will ein Stück von mir haben.» Mit dieser nicht gerade bescheidenen Selbsteinschätzung begann der kanadisch-österreichische Politiker Frank Stronach heute einen Auftritt in Wien. Der war eigentlich als Pressekonferenz angekündigt, in der Stronach seine Steuerunterlagen veröffentlichen werde. Tatsächlich wurde daraus jedoch, wie immer bei öffentlichen Auftritten Stronachs, eine knapp halbstündige Predigt über die Verkommenheit des politischen Systems und Stronachs Rettungsplan.

Vier Wochen vor den österreichischen Parlamentswahlen gerät der 80-jährige Stronach unter Druck, seine Vermögensverhältnisse offenzulegen. Mit seinem «Team Stronach» tritt er gegen die Regierungsparteien an und kann laut Umfragen mit bis zu zehn Prozent der Stimmen rechnen. Stronachs Wahlprogramm lässt sich mit den drei Worten «Transparenz, Werte und Wahrheit» zusammenfassen. Doch ausgerechnet bei seinen eigenen Einkünften war der Milliardär bisher sehr verschwiegen.

Einer der 300 reichsten Schweizer

Stronach gründete und leitete viele Jahre lang von Kanada aus den international tätigen Autozulieferer Magna. Als seine Lebensmittelpunkte bezeichnet er Kanada und Österreich. Einen Teil seines Vermögens versteuert er allerdings im Kanton Zug, über seine Firma «Stronach & Co». Das Vermögen fliesst von dort zu einer Tochterfirma namens «Enzian» auf der Kanalinsel Jersey. Das Wirtschaftsmagazin «Bilanz» führt ihn jedes Jahr in der Liste der 300 reichsten Schweizer, 2012 mit einem Vermögen von 1,75 Milliarden Franken an 82. Stelle. Stronach ist in einer kleinen Wohnung in der Stadt Zug gemeldet.

Im Wahlkampf ist sein Schweizer Vermögen ein Thema. Stronachs schärfster Konkurrent, der Rechtspopulist Heinz-Christian Strache, wirft dem Milliardär bei jedem öffentlichen Auftritt vor, dass er sein Geld vor der österreichischen Finanz in der Schweiz verstecke. Straches FPÖ musste auch zugeben, dass Mitarbeiter des parteinahen Magazins «Zur Zeit» in der Schweiz und in Kanada unterwegs waren, um dunkle Flecken in Stronachs Vergangenheit zu suchen. Deshalb ging der Milliardär jetzt in die Offensive.

Kanadischer Vorwurf: Steuerflucht

In einem Wiener Hotel erklärte Stronach am Donnerstag den Journalisten, dass er in der Schweiz «relativ wenig Aktivitäten» habe. Als er «ungefähr 1996 oder 1997» aus Kanada nach Europa zurückkam, sei er «nicht so versiert gewesen über die europäischen Verhältnisse» und habe deshalb einen Wohnsitz in der Schweiz genommen. Nach zwei Jahren habe er jedoch Wohnsitz und Aktivitäten nach Österreich verlegt. Den grössten Teil seiner Steuern zahle er in Kanada. Weiss es Stronach wirklich nicht mehr genau?

Tatsächlich beschloss er bereits Anfang 1994, in die Schweiz auszuwandern. Und zwar gar nicht still und heimlich, sondern unter Protest über die kanadischen Steuerpolitik. Er haben eigentlich Kanada schon in Richtung Zürich verlassen, erklärte Stronach im Januar 1994 kanadischen Zeitungen, und werde nur mehr jeden zweiten Monat zurück kommen. Dann schwärmt er über das Steuersystem der Eidgenossen: Die Einkommenssteuer sei verhandelbar, «die Regierung hat sich mit mir an einen Tisch gesetzt und mir erklärt: ‹Sie sind unser Kunde.› Das war ihre Haltung.»

Die kanadischen Medien interpretierten Stronachs Emigration allerdings als Steuerflucht. Diesen Ruf wurde Stronach nicht mehr los. Als seine Tochter Belinda 2004 für das Parlament kandidierte, recherchierten Journalisten, dass Vater Frank durch seinen Wohnsitzwechsel in die Schweiz in zehn Jahren Steuerzahlungen für ein Einkommen von 200 Millionen Dollar (175 Millionen Franken) vermieden habe. Stronach verweigerte damals jeden Kommentar.

«Ich bin nur in Österreich sehr transparent»

Tatsache ist, dass seine Schweizer Firma «Stronach & Co.» bereits 1994 gegründet wurde und im selben Jahr auch die Tochterfirma «Enzian» in Jersey. Laut eines Branchenblatts der Plastikindustrie hat Stronach über seine Schweizer Firma jährlich zwischen 35 und 40 Millionen Franken an Beratungshonoraren kassiert.

Auch am Donnerstag wich der Milliardär in Wien der Frage des Tages-Anzeigers aus, warum er jedes Jahr in der Liste der reichsten Personen der Schweiz geführt werde: Das sei wahrscheinlich eine Abschätzung weltweit, antwortete Stronach. Er habe Firmen in allen Branchen: Agrarwirtschaft, Sportwetten, sehr viele Pferderennplätze. Und er habe Leute, die sich um das alles kümmerten. «Ich bin nur in Österreich sehr transparent. Danke.»

«Keine Person hat Österreich so gedient wie ich»

Auch in Österreich hat diese Transparenz freilich Grenzen. Stronach gibt an, er habe von 1998 bis 2013 19 Millionen Euro Steuern gezahlt. Bei einem Steuersatz von 50 Prozent könne man sich leicht ausrechnen, dass er 38 Millionen Euro brutto verdient habe, also etwas über zwei Millionen Euro im Jahr. Er zahle mehr Steuern «als alle Parlamentarier zusammen» und habe dazu noch Fabriken gebaut und über 100 Millionen Euro an karitative Organisationen gespendet. Sein Fazit: «Keine Person hat Österreich so gedient wie ich. Aber ich wurde immer geschimpft.»

Seine neue Partei finanziert Stronach mit 25 Millionen Euro. Auf die Frage eines Journalisten, woher denn das Geld komme, wenn ihm in Österreich nach Abzug der Steuer «nur» 19 Millionen Euro geblieben sei, antwortet Stronach knapp: «Wen geht das was an? Das ist mein Geld.» Dann richtet er den anwesenden Journalisten aus: «Ihr seid’s Gefangene des Systems». Und verlässt den Saal.