In Kärnten steht das System von Jörg Haider vor Gericht

14. Juli 2012

Der Sumpf im Süden: Korruption und Millionenschaden für die Steuerzahler.

Bernhard Odehnal, Wien

Wenn Kärntner Politiker nach Wien reisen, haben sie meist viel Selbstbewusstsein und markige Sprüche im Gepäck. Hatte doch Jörg Haider gepredigt: Am Kärntner Wesen werde Österreich genesen. Am Montag aber werden die Männer aus dem Süden in der Hauptstadt leiser auftreten. Denn Landeshauptmann Gerhard Dörfler, seine Stellvertreter Uwe Scheuch und Harald Dobernig (alle von der Freiheitlichen Partei Kärntens, FPK) sowie Haiders «Lebensmensch» Stefan Petzner vom Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) sind vor Gericht geladen.

Illegale Parteienfinanzierung

Es geht um versteckte Parteienfinanzierung: 2009 übernahmen die Freiheitlichen einen vom Land Kärnten gestalteten und bezahlten Prospekt und verschickten ihn als Wahlkampfbroschüre an alle Haushalte. Schaden für die Steuerzahler: 80 000 Euro.

Für Kärntner Verhältnisse ist das ein lächerlicher Betrag. Kein Vergleich zu den Millionen, deren Verschwinden in einem anderen Korruptionsprozess in Klagenfurt gerade erforscht wird. Aber alle Ermittlungen zeigen, wie hemmungslos der 2008 tödlich verunglückte Jörg Haider als Landeshauptmann öffentliche Mittel an seine Partei und Freunde verteilte. Haiders Erben wollten sein System weiterführen. Sie konnten jedoch nicht mehr jene Mischung aus Angst und Respekt erzeugen, die Haider immun machte. Nach dessen Tod packten Mitwisser aus. Als Ersten traf es Uwe Scheuch. Der 43-jährige Grossbauer war Haiders rechte Hand, stieg nach dessen Tod zum Parteichef und Mitglied der Kärntner Landesregierung auf. In dieser Funktion bot Scheuch reichen Russen die österreichische Staatsbürgerschaft an und verlangte dafür eine fette Parteispende. Das sei «part of the game», erklärte er einem Parteifreund, der das Gespräch heimlich aufzeichnete. Scheuch wurde 2011 wegen Korruption zu 18 Monaten Haft verurteilt, 6 davon unbedingt. Eine höhere Instanz hob dieses Urteil wegen eines Formfehlers auf; im zweiten Verfahren vergangene Woche wurde er zu 7 Monaten bedingter Haftstrafe verurteilt.In der Landesregierung ist Scheuch für die Schulen zuständig und bezeichnete «a klane Detschn» (eine Ohrfeige) für Schüler als «sinnvoll und gut». Die Kärntner Bildung liegt also in der Hand eines wegen Korruption (noch nicht rechtskräftig) verurteilten Mannes, der Gewalt als Erziehungsmittel betrachtet. Zurücktreten will Scheuch nicht, gegen das Urteil hat sein Anwalt abermals Berufung eingelegt. Und der Wiener FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache muss sich hinter ihn stellen, denn nur in Kärnten hat die FPÖ eine gefestigte Basis. Eine weitere Altlast der Ära Haider wird in Klagenfurt verhandelt. Es geht um den Verkauf von 50 Prozent der Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria an die Bayerische LB im Jahr 2007. Die Bayern zahlten damals aufgrund falscher Bilanzen viel zu viel an eine österreichische Investorengruppe, in der viele Freunde Haiders sassen (auch der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser). Zwei Jahre später musste die marode Bank notverstaatlicht werden.Grundlage für den Bankverkauf nach Bayern war ein Gutachten des Kärntner Steuerberaters Dietrich Birnbacher. Der bekam dafür von Kärnten 6 Millionen Euro, obwohl sein 9 Seiten starkes Dokument höchstens 240 000 Euro wert war.

Überraschendes Geständnis

Diese Woche gestand Birnbacher vor dem Gericht überraschend, dass er bewusst ein überhöhtes Honorar verrechnet habe. Er sei von der Politik unter Druck gesetzt worden. Dass er das Geld für sich verwendet habe, will ihm der Staatsanwalt nicht glauben. Er vermutet, dass ein Teil in die Kasse der FPÖ floss. Der verunglückte Jörg Haider kann nichts mehr sagen.

Doch er holte damals die konservative ÖVP mit ins Boot. Deren Kärntner Vorsitzender Josef Martinz liess die 6 Millionen Euro an Birnbacher überweisen. Heute steht Martinz ebenfalls vor Gericht, bekennt sich aber für «nicht schuldig». Trotzdem wird in der Wiener Parteizentrale der ÖVP bereits an seinem Abgang gearbeitet. Den Problemfall Kärnten würden die Bürgerlichen gerne der FPÖ alleine überlassen.