Namen sind für ihn bloss All und Rauch

11. April 2013

Der Weltraumspringer Felix Baumgartner verwechselt Rockstars - und begründet damit einen neuen Trend.

Man muss ihn nicht unbedingt mögen. Man kann einfach nur beeindruckt sein. Seit Felix Baumgartner, der coole Salzburger mit Wohnsitz in der Schweiz, im Auftrag eines Getränkeproduzenten im freien Fall vom Himmel stürzte, liegt ihm die Welt zu Füssen. Heute Rio, morgen New York, ein Abendessen mit Tom Cruise, dann zurück ins traute Heim am Bodensee («Check that out! I’m back in Switzerland!»). Das ist Jetset pur. Und das Schönste dabei: Baumgartners Fans können fast live dabei sein. Via Facebook lässt der Stratosphärenspringer alle, die es wollen, an seinen Abenteuern in der High Society teilhaben.

Baumgartner hat auf Facebook über 15 Millionen Fans, darauf kann er stolz sein. Andererseits kann er auch sicher sein, dass jede noch so kleine Peinlichkeit in Windeseile kopiert und kommentiert wird. Tausendfach. Wie gerade eben. Da war er zur Messe der Fernsehproduktionen in Cannes geladen und postete von dort ein Foto, das ihn mit einem älteren Herrn in dunklem Sakko und mit dunkler Haarpracht zeigt. Dazu schrieb er: «Hey check that out! I am in Cannes and guess who I just met!!? Ozzy Osbourne! Such a cool guy! I love his music!! Rock on.»Dummerweise war der Mann, den Baumgartner in Facebook mit insgesamt sieben Ausrufezeichen ehrte, eben nicht der Leadsänger der Hardrock-Band Black Sabbath, sondern Gene Simmons, Bassist der nicht weniger harten, aber origineller gekleideten Band Kiss.

Nun könnte man als durchschnittlicher Musikkonsument meinen, dass es keine Todsünde sei, die Herren Osbourne und Simmons zu verwechseln, zumal sie nicht nur in ähnlichen Musikgenres zu Hause sind, sondern beide halblustige, aber sehr erfolgreiche TV-Serien über ihr Familienleben drehten. Bloss kann Baumgartner auf so viel Verständnis nicht hoffen. Seine Fans mögen nicht nur harte Männer, die aus dem All springen, mindestens genauso angetan sind sie von endlosen Gitarrensoli, pumpenden Bassriffs und kreischendem Gesang. Und Menschen, die Heavy, Black, oder Death Metal hören, sind weder für ihre Toleranz noch ihren Humor bekannt. Die können eine Fehlleistung nicht verzeihen. «Du hast wohl dein Hirn in der Stratosphäre vergessen», war einer der sanfteren Kommentare im Netz.

Immerhin schaffte es Baumgartner, innert Stunden eine neue virtuelle Sportart zu schaffen: das «Baumgartnering». Dabei stellen sich Menschen neben semiprominente Personen oder Familienmitglieder und stellen das Foto dann mit dem Namen eines ganz anderen Prominenten bei Facebook ein. Also zum Beispiel das Foto von sich mit dem Grossvater und dazu den Kommentar: «I am in Cannes and guess who I just met? Mick Jagger! I love his music! Rock on.»

Schon am ersten Tag war «Baumgartnering» ein so grosser Erfolg, dass der echte Felix (der Mann mit den vielen Ausrufezeichen!) auf seiner Facebook-Seite einen eher säuerlichen Kommentar posten musste: «Gratulation an ALLE, die’s gecheckt haben!! Und nicht vergessen: Humor ist, wenn man trotzdem lacht.»

Wenigstens kann er sich damit trösten, dass er nicht der einzige Österreicher ist, der sich mit prominenten Ausländern schwertut. Als der Landeshauptmann von Kärnten, Gerhard Dörfler, auf den eher rauen Wahlkampf angesprochen wurde, antwortete er mit einem Vergleich aus dem Boxsport: Das sei in Wirklichkeit alles nicht so ernst. Eher wie «ein Kampf Muhammad Ali gegen Cassius Clay, die gehen ja danach auch gemeinsam auf ein Bier». Wie soll ein Kärntner Lokalpolitiker auch wissen, dass der grösste Boxer der Geschichte kaum je gegen sich selbst gekämpft hat?

Dörfler hat kurz danach die Wahlen ziemlich spektakulär verloren (vermutlich aber nicht wegen mangelnder Boxsport-Kenntnisse). Baumgartner aber will weiter posten. Rock on!