Rumäniens grösster Rüpel

15. Februar 2013

Der Politiker und Geschäftsmann Gigi Becali produziert Skandal um Skandal. Jetzt muss er ins Gefängnis. 

Traurig blicken die Löwen mit vergoldeten Mähnen von ihren Steinsockeln. Auch der überlebensgrosse vergoldete Christus am Kreuz hat sein Gesicht abgewendet. Unter den Figuren drehen zwei einsame Wächter ihre Runden entlang der Palastmauer. Zu bewachen haben sie nichts. Das bizarre neobarocke Schloss im Zentrum von Bukarest steht leer. Der Besitzer hat sich ins Ausland abgesetzt. Und lässt von Dubai aus ausrichten, er wolle mit Rumänien nichts mehr zu tun haben.

Freilich: Seinen Rückzug hat George «Gigi» Becali mindestens so oft wie Italiens Silvio Berlusconi verkündet. Und ist ebenso oft zurückgekehrt. Auch dieses Mal wird der Abschied nicht endgültig sein.

Emporkömmlinge und Wendehälse sind in der rumänischen Politik nicht gerade selten. In seiner Skrupellosigkeit und Bauernschläue übertrifft sie Becali alle. Jener Mann, der sich selbst als «nicht zivilisiert« bezeichnet, wurde erst Milliardär, dann Parteiführer, war bis Ende 2012 Abgeordneter im EU-Parlament. Heute sitzt er im rumänischen Parlament und will dort auch nach seiner Verurteilung bleiben.

Berühmt und berüchtigt wurde Becali mit Auftritten vor laufenden Kameras, bei denen er sich wüster rumänischer Schimpfworte bediente und politischen Mitbewerbern den Geschlechtsakt mit nahen Verwandten androhte. Journalisten wurden von ihm bespuckt, mit Wein überschüttet oder mit Fäusten attackiert.

Seine ersten Millionen machte er mit einem Immobiliendeal: Er verkaufte der rumänischen Armee ein grosses, aber wertloses Stück Land und bekam im Gegenzug wertvollen Baugrund am Rand von Bukarest. Der Fall beschäftigt heute die Justiz.

Mit dem Geld aus dem Immobiliengeschäft kaufte Becali den erfolgreichen Bukarester Fussballclub Steaua und gründete danach die Partei Neue Generation, deren Losung «Im Dienste des Kreuzes und der rumänischen Nation» auch ihr ganzes Programm ist.

Becali sieht sich in der Tradition der faschistischen «Eisernen Garde». Populär wurde er mit grosszügigen Spenden an die orthodoxe Kirche und die Opfer von Hochwasserkatastrophen. In der Selbstbeschreibung auf der Website des Europäischen Parlaments bezeichnet er sich als «Rumäniens bekanntesten Christen» und listet Wohltätigkeitsstiftungen sowie millionenschwere Spenden für Klöster und Waisenhäuser auf.

Den Einzug in das EU-Parlament schaffte er jedoch nicht aus eigener Kraft. Dazu musste er sich dem Rivalen im rechtsextremen Lager, der «Partei Grossrumäniens», anschliessen. Zur gleichen Zeit schloss er auch eine Allianz mit der liberalen Partei von Staatspräsident Traian Basescu für die Kommunalwahlen in Bukarest. Und weil sein EU-Mandat nächstes Jahr enden würde, sicherte sich Becali im Winter 2012 einen Platz im rumänischen Parlament – als Kandidat im linken Wahlbündnis des Sozialdemokraten Victor Ponta. Bei der Wahl der Partner ist Becali durchaus flexibel.

Kurz nach der Wahl zum EU-Abgeordneten mussten Becali und seine Leibwächter 14 Tage in Untersuchungshaft, weil sie die Diebe seiner Limousine gefangen gehalten und misshandelt haben sollen. Das Verfahren wurde damals eingestellt, jetzt wieder aufgenommen und Becali verurteilt. Weitere Gerichtstermine folgen: Gegen Becali laufen Verfahren wegen Korruption bei seinem Immobiliendeal und wegen Bestechung bei einem Fussballspiel. Er soll einen Sieg seiner Mannschaft mit 2 Millionen Franken erkauft haben.