Russisches Gas zu Spottpreisen

28. November 2014

Die Zuger Firma Ostchem Gas Trading des ukrainischen Oligarchen Dmitri Firtasch soll mithilfe Moskaus Milliardengewinne machen.

Das Unternehmen werde aufgelöst. «Wir sehen keinen Sinn darin, es weiterzu- führen.» Das sagte der in Wien lebende ukrainische Oligarch Dmitri Firtasch vor einigen Wochen auf die Frage, warum seine in Zug registrierte Gashandelsfirma Rosukrenergo liquidiert werde. Nun zeigt sich aber, dass Firtasch weiterhin als Gaszwischenhändler in Russland und der Ukraine tätig ist und dabei kräftig profitiert. Nur heisst sein Unternehmen jetzt Ostchem Gas Trading und ist ebenfalls in Zug registriert.


Dmitri Firtasch bei einer Veranstaltung in Wien, Oktober 2014. Foto: B. Odehnal

In den letzten vier Jahren konnten die Zuger Ostchem Gas Trading sowie die Ostchem Investments auf Zypern in Russland 20 Milliarden Kubikmeter Gas deutlich unter dem Marktwert kaufen. Russische Medien berichteten, dass Firtaschs Firmen Gas vom russischen Staatskonzern Gazprom zu 260 Dollar pro 1000 Kubikmeter kaufen konnten, während die Ukraine 400 Dollar zahlten musste. ­Dabei war stets von 5 Milliarden Kubikmetern die Rede.

Firtasch habe aber viermal so viel Gas erhalten, schreibt die Agentur Reuters und beruft sich auf russische Zoll­dokumente, die ihr zugespielt wurden. Da das Gas zu Marktpreisen weiterverkauft wurde, hätten die Firmen in Zug und auf Zypern 2,8 Milliarden Franken Gewinn gemacht. Gazprom hingegen seien durch den Zwischenhandel zwei Milliarden entgangen: Der Deal sei ein Beispiel, wie in Russland Geldsummen von öffentlichen Unternehmen zu Privatpersonen im Umfeld des russischen Präsidenten Putin umgeleitet werden.

Zwischen 2006 und 2009 wurde der Gashandel zwischen Russland und der Ukraine über den Zuger Zwischenhändler Rosukrenergo abgewickelt, an dem Firtasch mit 45 Prozent und Gazprom mit 50 Prozent beteiligt war. Das Unternehmen machte jährlich gegen 700 Millionen Franken Gewinn. Regierungschefin Julija Timoschenko bezeichnete die Firma als «Krebsgeschwür» im Körper der Ukraine und beendete den Zwischenhandel.

Titanminen, Banken, Medien

Ostchem Gas Trading wurde im Dezember 2012 gegründet. Zuvor gab es in Zug bereits eine Ostchem Trading, die jedoch im Februar 2014 aufgelöst wurde. Verwaltungsrat beider Firmen ist der Schweizer Treuhänder Lars Hausmann, der auch im Verwaltungsrat von Rosukrenergo sass und jetzt die Liquidierung abwickelt. Eine Anfrage an Hausmann blieb unbeantwortet. Direktor der Ostchem Gas Trading ist der Russe Dmitri Glebko, der angeblich einen Wohnsitz in Luzern hat. Auch er war zuvor bei Rosukrenergo tätig. Das Netzwerk der Ostchem-Unternehmen läuft in Wien bei der Ostchem-Holding zusammen. Diese wiederum ist Teil von Dmitri Firtaschs Group DF. Ihr gehören Düngemittel- und Lebensmittelkonzerne, Titanminen, Rohstoffhandels- und Immobilienfirmen, Banken und Medien.

Der 49-jährige Firtasch galt als Verbündeter des prorussischen ukrainischen Präsidenten Wiktor Janukowitsch, der vor einem Jahr von der Maidan-Bewegung vertrieben wurde. Ein US-Gericht sucht ihn wegen des Vorwurfs der Bestechung per internationalen Haftbefehl, weshalb er im März 2014 in Wien festgenommen wurde. Die Kaution von 125 Millionen Euro für seine Freilassung kam vom russischen Oligarchen Wasili Anisimow, dem ehemaligen Geschäftspartner von Marc Rich und Erbauer einer Luxusvilla in Küsnacht ZH. Lange steuerte Anisimow seine Geschäfte über die in Zürich registrierte Coalco, bevor sie 2013 liquidiert wurde. Die Kaution für Firtasch sei kein Freundschaftsdienst, sondern «eine Geschäftsüberweisung», sagte Anisimow. Er soll 12 Prozent Zinsen pro Jahr verlangen.

Putins indirekte Bestätigung

Firtasch finanziert die besonders günstigen Gaskäufe mit Krediten, die ihm die russische Gazprombank zur Verfügung stellte. Dem Finanzableger von Gazprom gehören unter anderem eine Tochterbank in Zürich und ein grosses russisches Medienunternehmen. Firtaschs Firmen sollen seit 2011 über 10 Milliarden Franken erhalten haben.

In einem Interview mit der ARD vor einer Woche bestätigte Putin indirekt die Hilfe für den ukrainischen Oligarchen. Alleine im laufenden Jahr habe die Gazprombank einem ukrainischen Privat­unternehmen 4,1 Milliarden Dollar gewährt, für den Kauf von Gas «zu einem günstigen Preis, um die Chemie­branche zu unterstützen», sagt Putin. Warum solche Geschäfte nicht direkt zwischen Gazprom und dem staatlichen ukrainischen Gaskonzern Naftogaz abgewickelt werden, bleibt eine offene Frage. Firtasch sei eine politische Person und repräsentiere die Interessen Russlands in der Ukraine, sagte der ukrainische Abgeordnete Wiktor Tschurmak Reuters.