Schützenhilfe von Syngenta

3. Mai 2013

Die Österreichische Volkspartei will das Verbot von Pestiziden in der EU verhindern. Dabei hilft ihr ein Vertreter des Schweizer Produzenten.

Freunde hat Nikolaus Berlakovich in der Politik nicht mehr viele. Die Opposition fordert den Rücktritt des österreichischen Umwelt- und Landwirtschaftsministers (der sich offiziell «Lebensminister» nennen darf ), der sozialdemokratische Koalitionspartner spricht von einem «Skandal». Für die Grünen ist Berlakovich ein «Industrielobbyist».

Grund für den Ärger sind die Bienen. Am Montag stimmten Vertreter der EULänder über ein Verbot dreier Pflanzenschutzmittel, sogenannter Neonikotinoide, deren Einsatz für das Bienensterben verantwortlich gemacht wird. Hergestellt werden die Mittel vom deutschen Konzern Bayer und der Schweizer Syngenta. In Brüssel waren 15 Länder für das Verbot und 8 dagegen. Unter Letzteren ist Österreich.

Berlakovich fehlen Beweise, dass Neonikotinoide für das Verschwinden von Bienenvölkern verantwortlich sei. Seine Partei ÖVP geht auf ihrer Facebook-Seite weiter: Pestizide seien «NICHT für das Bienensterben verantwortlich», heisst es da. Den Tod der Insekten verursachten Varroa-Milben und Viren. Als Beweis wird eine deutsche Studie von 2009 angeführt. Die Kritiker kontern mit Studien, die den Zusammenhang zwischen Pestiziden und Bienensterben klar nachweisen würden.

Die ÖVP holt sich aber auch Schützenhilfe der Industrie. In den parlamentarischen Unterausschuss über die Verwendung von Neonikotinoiden referierte im September 2012 vor den Abgeordneten Hans Theo Jachmann, der Geschäftsführer von Syngenta Deutschland. Er habe vor einem dramatischen Einbruch der landwirtschaftlichen Produktion beim Verbot von Pestiziden gewarnt, erinnert sich der Mitarbeiter der grünen Fraktion, Jens Karg. Besonders hervorgehoben habe er die Gefahr durch den Maiswurzelbohrer.

Das ist auch das Hauptargument der ÖVP: In Ostösterreich seien, wie in Ungarn, Tschechien und Rumänien, Mais und Raps massiv durch den Käfer bedroht, der in den 90er-Jahren aus den USA kam. Das Landwirtschaftsministerium bezeichnet Neonikotinoide als schonende Mittel, den Maiswurzelbohrer zu bekämpfen. Die Alternative sei der Anbau genmanipulierter Pflanzen, was Österreich aber unbedingt verhindern wolle. Umweltschutzorganisationen machen hingegen Monokulturen für den Schädlingsbefall verantwortlich.

Die Protokolle sind geheim

Wie stark der Einfluss des Mannes von Syngenta ist, bleibt offen. Die Protokolle des Unterausschusses sind geheim. Jens Karg erinnert sich an ein sehr freundschaftliches Klima: Jachmann sei nach der Sitzung mit Vertretern der ÖVP im Parlamentsrestaurant gesessen. Auch der Landwirtschaftssprecher der SPÖ, Kurt Gassner, bekam den Eindruck, «als ob die Argumente zwischen Jachmann und der ÖVP abgesprochen waren».

Jachmann habe als Mitglied der Industriegruppe Pflanzenschutz (IGP) teilgenommen, erklärt der Sprecher von Syngenta Deutschland, Peter Hefner. An derselben Sitzung waren Vertreter von Umweltschutzgruppen, Imker und Bauern: Jachmann habe «die Gesamtdiskussion und die Bedeutung der Neonikotinoide für die Landwirtschaft» skizziert. Die IGP ist eine Untergruppe der Interessenvertretung der Chemischen Industrie Österreich. Ihre Mitglieder sind chemische Grossunternehmen, unter anderen Syngenta. «Es ist ja selbstverständlich, dass wir zu so einem Thema Leute aus der Branche anhören», sagt der ÖVP-Abgeordnete Hermann Schultes. Ausserdem lade in Österreich jede Fraktion immer nur Experten ein, die ihre vorgefasste Meinung bestätigten.

Weil die Mitgliedsstaaten der EU keine qualifizierte Mehrheit schafften, wandert das Dossier Bienensterben zur Kommission. Dort wird man wahrscheinlich ein zweijähriges Verbot von Neonikotinoiden ab 1. Januar 2014 beschliessen. Die ÖVP will ihren Widerstand gegen das Verbot nicht aufgeben.