Sprayer Puber in Wien verurteilt – und freigelassen

25. Juli 2014

Der Zürcher Renato S. erhält 14 Monate Gefängnis, die Untersuchungshaft wird ihm jedoch angerechnet.

Jene Frage, die sich alle stellen, kam erst ganz zum Schluss, und sie kam vom Staatsanwalt: «Was bedeutet eigentlich Puber?» Der Angeklagte Renato S. (30) zuckte mit den Schultern: Es sei einfach ein Name, «ich habe das nicht erfunden». Warum er seine Taten begangen habe, fragte der Staatsanwalt weiter, «was war Ihre Motivation?». Wieder kam nur Ratlosigkeit als Antwort von S.: «Ich weiss es nicht, ich habe mir nichts dabei gedacht.» Kurz danach verkündete Richter Wilhelm Mende im Wiener Landesgericht das Urteil.

Der Zürcher wurde zu 14 Monaten Gefängnis verurteilt, davon 10 Monate bedingt auf drei Jahre. 4 Monate sind unbedingt, allerdings wird ihm dafür die Untersuchungshaft angerechnet. S. sass seit Anfang März, also deutlich über 4 Monate. Er konnte noch gestern Abend die Haftanstalt verlassen. «Jetzt geht es nach Hause», war sein einziger Kommentar. Begleitet wurde er von seiner Schwester und Angehörigen, die aus der Schweiz angereist waren.

Die Gewissheit fehlte

Von den insgesamt 232 ihm zur Last gelegten Verunstaltungen durch den Schriftzug «Puber» erkannte der Richter etwas weniger als die Hälfte an. S. muss einen Schaden von mehreren Tausend Euro wiedergutmachen und die Anwaltskosten begleichen. Die Verfahrenskosten betrachtete der Richter allerdings als «nicht einbringbar». S. hatte sein Monatseinkommen mit 500 Euro angegeben. Der Richter sagte in seiner Urteilsbegründung, dass man durchaus der Meinung sein könne, dass S. alle Schmierereien gemacht habe, allerdings sei im Strafrecht «mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit notwendig». Und die gebe es nur in jenen Fällen, in denen der Schriftzug «Puber» jener Schrift gleiche, die S. eindeutig nachgewiesen werden könne, weil er beim Sprayen beobachtet worden sei.

Das Urteil erging nach zwei langen Verhandlungstagen mit nicht enden wollenden Begutachtungen von über 200 Fotos. Der Verteidiger liess nur ein paar Fälle gelten, zu denen sich S. schon am ersten Verhandlungstag schuldig bekannt hatte. Staatsanwalt Markus Berghammer hielt in seinem Schlusswort an allen Anklagepunkten fest. Als belastend für den Angeklagten wertete er die Vorstrafen in der Schweiz («ein Grossteil wegen Sachbeschädigung») und die in der Schweiz noch laufenden Ermittlungen. Noch schwerer wog für ihn aber das Schweigen des Schweizers.

S. selbst nutzte sein Recht zum letzten Wort nur für einen Satz: «Ich entschuldige mich, dass ich mich zu einem Blödsinn habe verleiten lassen.» Der sichtbar erleichterte Verteidiger bezeichnete das Urteil danach als «österreichische Lösung». Die Theorie, dass S. «Puber» sei, habe das Gericht «zumindest zur Hälfte widerlegt».