Stadler-Rail-Züge müssen in Österreich langsamer verkehren

12. Dezember 2012

Bei den Triebzügen der privaten Westbahn wackeln bei Zugsbegegnungen mit hoher Geschwindigkeit die Türen.

Pünktlich zum Fahrplanwechsel wurde letzten Sonntag in Österreich ein Prestigeprojekt der Bahn eröffnet. Auf der Neubaustrecke zwischen Wien und St. Pölten fahren die Züge mit bis zu 230 km/h, die Fahrtzeit auf der Westbahnstrecke (auch nach Zürich) wird so um 15 bis 20 Minuten verkürzt. Doch gleich am ersten Tag ereignete sich ein Zwischenfall, der manche Züge wieder zum Drosseln der Geschwindigkeit zwingt. Die Wiener Tageszeitung «Kurier» berichtet von einem «gefährlichen Treffen» zwischen einem Railjet der Staatsbahn ÖBB und einem Triebzug der privaten Westbahn, der vom Schweizer Bahnbauer Stadler Rail stammt.

Als der Railjet mit Tempo 230 und der Westbahn-Zug mit Tempo 200 aneinander vorbeifuhren, sollen die Türen des Stadler-Zugs durch die Druckwelle bedenklich gewackelt haben und eine Tür fast aus der Verankerung geflogen sein, schreibt der «Kurier». Westbahn-Sprecher Manfred Mader bestätigt die Probleme. Eine Gefahr für die Reisenden habe jedoch zu keiner Zeit bestanden: «Wäre eine Verriegelung gebrochen, hätte es automatisch eine Notbremsung gegeben.» Die Ursache für das Wackeln der Türen werde jetzt untersucht, und bis dahin dürften die Westbahn-Züge in einer 20 Kilometer langen Tunnelkette auf der Neubaustrecke nur 160 statt 200 km/h fahren.

«Nicht sicherheitsrelevant»

Auch der Sprecher von Stadler Rail, Tim Büchele, betont, dass das Problem «nicht sicherheitsrelevant ist». Techniker von Stadler hätten alle 168 Türen der sieben Züge überprüft und keine Mängel festgestellt. Die Triebzüge der Westbahn sind aus dem Modell Kiss weiterentwickelt worden, das auch als Zürcher S-Bahn verkehrt. In Zürich sind diese Züge nur für Tempo 160 zugelassen.

In einem Internetforum österreichischer Bahnfans wird seit längerem diskutiert, ob die Nahverkehrszüge mit ihren breiten Doppeltüren für hohe Geschwindigkeiten und vor allem für Zugbegegnungen bei hohen Geschwindigkeiten geeignet sind. Stadler-Sprecher Büchele hingegen verweist auf ein Gutachten, welches bestätige, «dass unsere Züge allen Kräften im zulässigen Rahmen bei Tunnelbegegnungen standhalten». Die Westbahn hat dieses Gutachten gestern erhalten und verlangt nun von der ÖBB Auskunft darüber, ob deren Railjet eine höhere Druckwelle als erlaubt erzeuge. Bis zur Klärung der Probleme bleibt die Geschwindigkeit der Westbahn-Züge in der Tunnelkette vor Wien auf 160 km/h beschränkt. Die Reisenden würden das aber kaum bemerken, sagt Manfred Mader, «wir fahren dadurch höchstens eineinhalb Minuten länger».