Stringtangas für Baku

28. Februar 2012

Österreich bemühte sich mit Geschenken um Druckaufträge für Banknoten aus Diktaturen.

Jetzt einmal klipp und klar: Mit den Skandalgeschichten rund um Karl-Heinz Grassermuss Schluss sein. Grasser hier, Grasser dort, Grasser mit Geldkoffer, Grasser mit Briefkastenfirmen: So etwas schadet nicht nur dem Ruf dieses Mannes, der sich für zu schön und zu klug für diese Welt hält. Die Verdächtigungen bringen ganz Österreich in Verruf. Zu Unrecht! Nicht überall, wo Schmiergeld draufsteht, muss Grasser drin sein. Es gibt auch Korruptionsfälle, in denen der ehemalige Finanzminister nicht einmal am Rande vorkommt.
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Zugegeben: Viele sind es nicht.

Einen besonders schönen Fall hat dieser Tage eine Journalistin des Wiener «Standard» aufgedeckt. Es geht um - Geld. Natürlich. Aber in diesem Fall neben dem Verteilen auch um das Drucken von Geld. Dafür ist in Österreich die Banknotendruckerei OeBS zuständig, eine Tochter der Nationalbank. Die bemüht sich seit fünf Jahren intensiv um Aufträge aus Syrien und Aserbeidschan. Dort haben die Söhne verstorbener Diktatoren den von ihren Vätern begonnen Personenkult zur Perfektion gebracht: kein Amt, kein Bahnhof, keine Polizeistation ohne die Fotos von Bashar al-Assad oder Ilham Alijew. Nur auf den Geldscheinen waren noch deren Väter abgebildet. Ein kleiner Makel, der mit österreichischer Hilfe schnell ausgemerzt werden sollte.

Punkto Geschäftsbeziehungen mit Diktaturen hatten die Wiener Gelddrucker Erfahrungen in anderen Ländern gesammelt. Sie wussten also genau, dass sie mit Aserbeidschanern oder Syrern nur ins Geschäft kommen würden, wenn sie mit Koffern voller Geschenke anreisen würden. So ein Diktator muss ja nicht nur sich und seine Familie versorgen, sondern ein Heer an Lokalpolitikern, Beamten, Offizieren. Dankenswerterweise hielt die zuständige Managerin der OeBS alle Geschenke und ihren Wert in einer Liste fest. Die landete beim «Standard» und gibt einen seltenen Einblick in die Bedürfnisse hoher Beamter arabischer und kaukasischer Regimes.

Dass die aserbeidschanischen Notenbanker Flugtickets (Business-Class) nach Peking (und zurück) erhielten, mag noch als ganz normale Korruption durchgehen. Überraschender ist schon das Bedürfnis syrischer Notenbanker nach Damenstrümpfen (1619 Euro gab die OeBS dafür aus), Chanel-Taschen und -Schuhen (2340 Euro) und einem Lodenmantel (1530 Euro). Die Notenbanker in Aserbeidschans Hauptstadt Baku erhielten unter anderem Damensandalen von Gucci (795 Euro), Strümpfe und Lidschatten (267 Euro), Stringtangas (477 Euro) und Konfekt von Sprüngli (606 Euro). Damit den Herren in der Vorstandsetagen neben den Geschenken für Frauen und Maitressen auch selbst etwas blieb, brachte das Team der OeBS zu den Verhandlungen auch Herrenunterwäsche (477 Euro) und Pokerzubehör (279,80 Euro) mit.

Nun würde niemand im Ernst glauben, man könnte von den Herren Alijew oder Assad für ein paar Gucci-Sandalen und Sprüngli-Konfekt den Zuschlag zum Gelddrucken bekommen. Natürlich nicht. Nebenbei flossen aus von der OeBS so etwa 17 Millionen Euro auf das Konto einer panamaischen Firma, die einer 71-jährigen Schweizerin gehört. Die alte Dame gibt es wirklich, angeblich tauchte sie sogar ein paarmal in Wien auf. Nach den Spuren ihrer Firma aber suchen die Ermittler bis jetzt vergebens.

Der Banknotendruckerei hat das grosszügige Spesenreglement wenig genutzt. Aserbeidschan drohte den Auftrag zu stornieren, weil die Österreicher offenbar die falschen Beamten geschmiert hatten. Und in Syrien konnten sich die Banker nicht einigen, ob nun das Bild von Vater oder Sohn Assad auf die Scheine soll. Assads Krieg gegen das eigene Volk und die Sanktionen der EU machten schliesslich alle Hoffnungen der OeBS zunichte. Das syrische Geld wurde nie geliefert. Chanel-Schuhe und Lodenmantel werden die Österreicher dennoch nicht zurückbekommen.