Und Frank lässt die Erde beben

4. Oktober 2013

Milliardär Frank Stronach enttäuschte bei Österreichs Wahlen. Nun ist er böse auf seine Partei.

In der Nacht auf gestern bebte die Erde in Ostösterreich. Lüster schwankten, Stühle fielen um, Gläser vom Tisch. Das Epizentrum lag südlich von Wien, wo der Milliardär und Parteigründer Frank Stronach eine Pferderennbahn mit Gastronomie und «Event Locations» in protzigem Neobarock errichten liess. Wo er von der bizarren Fontana-Siedlung zwischen Golfplatz und künstlichem Wasserfall sein «Team Stronach» lenkt. Immer getreu seiner «Goldenen Regel»: Wer das Gold hat, macht die Regeln.

In der Nacht auf gestern erbebte das Team Stronach unter dem Zorn des Parteigründers. Vorstandsmitglieder schwankten, Landesparteichefs fielen um, kein Stein blieb auf dem anderen. Dass die beiden Ereignisse in kausalem Zusammenhang stehen, wollen wir nicht ausschliessen. Vielleicht kann jener Mann, der mit 81 Österreich die Wahrheit, die Werte und das Licht bringen will, auch die Erde erzittern lassen.

Was hat den Heilsbringer der österreichischen Politik so in Rage versetzt? Es war das Wahlergebnis. Nur 5,7 Prozent für das Team Stronach: 5,7 Prozent! Das hatte sich der «Fränk» wirklich anders vorgestellt. Fast 30 Millionen Franken pumpte er in die Wahlwerbung. Dafür erwartete er mindestens 15 Prozent der Stimmen, vielleicht sogar «die absolute Mehrheit». Seine Parteigründung werde «in die Geschichte Österreichs und, ich glaube, auch in die Geschichte der Welt eingehen». Die Wähler waren anderer Meinung.

Frank Stronach polarisiere halt, sagte sein Wahlkampfleiter Tilmann Fuchs am Wahlabend. Nachsatz: «Daran ist ja nichts Schlechtes.» 48 Stunden später war Fuchs seinen Job los. Dann bebte die Erde. Gehen mussten der Fraktionschef im Parlament sowie die Landeschefs aus Salzburg, Kärnten und Niederösterreich. Es waren Stronachs Mitstreiter der ersten Stunde, die er aus anderen Parteien geholt (böse Zungen sagen: gekauft) hatte und die für ihn erfolgreich Landeswahlen geschlagen hatten. Aber sie verstanden Franks Menetekel nicht: Gezählt, gewogen und für zu leicht befunden.

«You are stupid. You are fired.» So erledigte der US-Tycoon Donald Trump Entlassungen. Trump machte das zur Erbauung des Publikums in seiner TV-Show. In Österreichs Politik ist die Hireand-Fire-Mentalität neu. Die geschassten Parteifreunde hätten es dennoch wissen können. Als Stronach noch Präsident des Wiener Fussballclubs Austria war, hatten seine Trainer eine ähnlich kurze Halbwertszeit: Spiel verloren – und tschüss. Fränk bleibt seinen Werten treu. Abgestimmt wird in seiner Partei nicht. Ist auch nicht notwendig. Das Bundesteam Stronach besteht nur aus sechs Mitgliedern. Die Landesparteien lösen sich langsam auf.

Man könnte nun meinen, Stronachs Problem sei gar nicht seine Partei, sondern er selbst mit seinen seltsamen Aussagen zur Todesstrafe für Berufskiller oder zum drohenden Einmarsch der Chinesen. Hätte Frank im Wahlkampf geschwiegen, wäre er vielleicht Wahlsieger geworden. Aber wer solche Majestätsbeleidigung wagt, sollte sich besser nicht in Fränks Nähe befinden.

Eine junge Grazerin hat sich vor dem Zorn des Khans rechtzeitig in Sicherheit gebracht. Kathrin Nachbaur war Stronachs Schatten im Wahlkampf, jetzt darf sie die Fraktion im Parlament führen. Zweifel an oder gar Kritik an Frank werden von ihr nie zu hören sein. «Wir sind jung und haben halt viele Freigeister angezogen», erklärte sie das schlechte Wahlergebnis. Die Partei will sie «nach betriebswirtschaftlichen Kriterien» führen. Was heisst: sparen, denn Stronach entzieht seinem Team nicht nur seine Liebe, sondern auch sein Geld.

Stronach hat nach den tektonischen Verschiebungen in seiner Partei rasch das Land verlassen. Nicht ganz freiwillig: Er muss zurück in seine Wahlheimat Kanada, will er dort nicht seinen Steuerstatus verlieren. Er ist jetzt zwar gewählter österreichischer Abgeordneter, will aber nur zu den wichtigsten Sitzungen nach Wien kommen. Im Grossraum Wien werden noch mehrere Nachbeben erwartet.