Matthias Hartmann droht in Zürich die härtere Strafe als in Wien

19. März 2014

In der Schweiz könnte die Nachsteuer eine halbe Million Franken betragen.

Von Bernhard Odehnal und Thomas Knellwolf, Wien/Zürich

Waren es 233 000 Euro, wie die österreichische «Presse» schrieb? Oder sogar 363 000 Euro, wie ein Rechtsberater der Burgtheater-Holding vermutete? Oder nur 180 000 Euro, wie die Anwälte von Matthias Hartmann behaupteten? Die Summe von Vorbereitungshonoraren und Rechteabgeltungen, die Matthias Hartmann noch als Intendant des Zürcher Schauspielhauses vom Wiener Burgtheater zugesprochen bekam, bleibt unklar. Klar ist aber, dass er eine grössere Summe (noch) nicht versteuert hat. Am Montag zeigte sich der mittlerweile entlassene Burgtheater-Direktor über Schweizer Steuerberater in der Schweiz und in Österreich an.

Der TA befragte Steuerexperten in der Schweiz und in Österreich zum Fall und seinen Folgen. Nur wenige Informationen sind gesichert. Hartmann arbeitete bis Juli 2009 für das Schauspielhaus. Am 20. Juli meldete er sich in Zürich ab. Am 29. Juli liess er sich an der Burg von der damaligen kaufmännischen Direktorin Silvia Stantejsky das Vorbereitungshonorar bar auszahlen. Wie viel er damals bekam, ist strittig: Die «Presse» schrieb am 10. März von 233 000 Euro, was Hartmann der Zeitung bestätigte: Es seien «rechtmässige Honorare. Sie liegen alle ordentlich in der Buchhaltung des Burgtheaters.» Eine Woche später sagte seine Anwältin Katharina Körber-Risak gegenüber dem TA, Hartmann habe damals 110 000 Euro entgegengenommen. Im Januar 2014 habe er weitere 70 000 Euro erhalten. 93 000 Euro sei ihm das Burgtheater noch schuldig.

Steuer wird sofort fällig

Spielt der Zeitpunkt der Auszahlung für das Finanzamt überhaupt eine Rolle? Nein, sagt der emeritierte Professor für Finanzrecht an der Universität Wien, Werner Doralt: «Grundsätzlich muss ein Honorar nach Zufluss versteuert werden. Also wenn der Empfänger darüber verfügen kann.» Ob das Geld auf ein Bankkonto überwiesen oder von einer Drittperson verwaltet werde, sei gleichgültig. Hartmann hätte also das Honorar versteuern müssen, als Silvia Stantejsky es für ihn als Verwalterin übernahm.

Ähnlich wie der Wiener Steuerexperte äussert sich Marina Züger, Leiterin des Steueramts des Kantons Zürich: «Im Normalfall tritt die Steuerpflicht bereits dann ein, wenn ein fester Anspruch auf ein Verdienst besteht, und nicht erst, wenn der Verdienst ausbezahlt wird.» Zum Fall Hartmann will Züger wegen des Steuergeheimnisses nichts sagen.

Hartmann hat erst Selbstanzeige erstattet, nachdem der TA über den Verdacht der Steuerhinterziehung berichtet hatte. In Österreich dürfte die Anzeige für eine Strafbefreiung dennoch nicht zu spät gekommen sein, sagt Steuerexperte Doralt: Entscheidend sei nicht, ob die Medien über einen Verdacht schrieben, sondern ob die Steuerbehörde Ermittlungen eingeleitet habe. In der Schweiz ist die Rechtslage gemäss Steueramtschefin Züger anders: «Straflos ist eine Selbstanzeige nicht, wenn die Steuerbehörden bereits Kenntnis haben vom Sachverhalt. Das ist auch der Fall, wenn etwas allgemein bekannt ist, zum Beispiel aus Medienberichten.»

Hätte Hartmann das Honorar in Österreich oder noch in der Schweiz versteuern müssen? Für Doralt ist diese Frage «schwierig zu beantworten». Entscheidend sei der Lebensmittelpunkt. Ob Hartmann noch in Zürich lebte, nachdem er schon abgemeldet war, ist nicht bekannt. In Österreich sind die Strafen «relativ mild» sagt Werner Doralt: Steuersünder, die zum ersten Mal erwischt werden, müssen maximal 20 Prozent des nicht versteuerten Vermögens zahlen. Und das auch nur, wenn ihnen ein Vorsatz nachgewiesen werden kann. Und in der Schweiz? Ein Steuerexperte hat die allfällige Nachsteuer mit den Zahlen von Hartmanns Anwältin berechnet und kommt auf eine Steuerschuld von gegen 150 000 Franken. Beurteilt das Steueramt das Vergehen als schwer, kann es bis zum Dreifachen davon verlangen. Mit Verzugszinsen käme die Rechnung dann auf rund eine halbe Million Franken zu stehen.