Stufenlos in die Design-Sauna
Die Stadt Wien leistet sich ultramoderne Trams und lässt die Fahrgäste darin schwitzen.
35 Grad, 36 Grad. Und die Thermometersäule klettert weiter nach oben, auf 37, an einigen Punkten sogar auf 38 Grad. Wien war in den vergangenen Tagen Hitzezentrum Europas, und die Hitzezentren Wiens waren - die Trams. Nicht alle, sondern nur jene, die von den Verkehrsbetrieben, die sich hier Wiener Linien nennen, als die «neue Bim» beworben werden, obwohl sie nun auch schon über zehn Jahre alt sind. Durch die riesigen, leicht gewölbten Scheiben können die Sonnenstrahlen ungehindert eindringen und den Innenraum richtig gut aufheizen. Zu öffnen sind die Fenster nur einen Spaltbreit. In den Wagen entsteht so die heimelige Atmosphäre einer Dampfsauna, in der sich Hitze mit den Ausdünstungen der ermatteten Fahrgäste vermischt. Für die katholischen Wiener (auch die soll es noch geben, auch wenn es nicht mehr viele sein können) hat das höchstens den Vorteil, dass sie gleich ihre Sünden abbüssen und sich den sonntäglichen Beichtgang ersparen.
«Im Kloster lernte ich, auf Gewalt mit Gewalt zu antworten»
Ein weiterer ehemaliger Zögling des Kinderheims in Fischingen erzählt von Schlägen und sexuellem Missbrauch durch einen Priester. Das Kloster lehnt eine kollektive Aufarbeitung weiterhin ab.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Walter Nowak will Fischingen nicht mehr besuchen. Nie wieder. Zehn Jahre, von 1962 bis 1972, war der gebürtige Österreicher in der Erziehungsanstalt des Thurgauer Klosters. In einem Bericht im «Tages-Anzeiger» erzählte er von Gewalt und sexuellem Missbrauch durch einen Erzieher (TA vom 26. 6.). Der heutige Klosterdirektor Werner Ibig lud ihn daraufhin zu einem persönlichen Gespräch ein. Der Termin war schon vereinbart, doch vor einigen Tagen sagte Nowak schriftlich ab und schickte Ibig eine ausführliche Begründung: Er vermisse jegliches Schuldbewusstsein, so Nowak sinngemäss: Die Angaben der Opfer würden angezweifelt, der Datenschutz benutzt, um die Täter zu schützen.
Er hat a jiddische Mame!
Der Albtraum jedes Rechtsextremen wurde für einen ungarischen EU-Abgeordneten wahr.
Wir wissen nicht, wie er es erfahren hat. Doch der Schock sass ganz tief. Er brauche erst einmal etwas Zeit, um die Erkenntnisse zu verarbeiten, verriet der ungarische Politiker Csanad Szegedi der Zeitung «Barikad». Verständlich. Kann es etwas Schlimmeres geben für einen rechtsextremen Politiker, als die Enthüllung, dass seine Vorfahren Juden waren? Juden! Für Szegedis Partei Jobbik ist das nicht nur jenes Volk, das für die Zerstückelung Ungarns im Schandvertrag von Trianon verantwortlich war. Es ist auch das Volk, das die tapferen Magyaren wieder in aller Welt schlechtmachen will. Eine jüdische Weltverschwörung also. Nun soll ein Jobbik-Politiker Teil dieser Verschwörergemeinschaft sein?
Sand im Getriebe der privaten Bahnbetreiber
Der ehemalige SBB-Chef Benedikt Weibel berichtete in Wien von seinen Erfahrungen mit der österreichischen Westbahn. Dabei zeigte sich, dass private Anbieter trotz der Liberalisierung im europäischen Personenverkehr einen schweren Stand haben.
Eine Privatbahn als Goldesel? Benedikt Weibel räumt gleich mit dem Mythos des «Rosinenpickens» auf: Selbst auf gut ausgebauten Bahnstrecken mit hohem Fahrgastpotenzial sei das Geschäft nicht einfach, «wir sind in einem beinharten Kampf um den Break-even». Der ehemalige Chef der SBB ist Verwaltungsratspräsident der privaten österreichischen Gesellschaft Westbahn, die seit Dezember 2011 mit sieben Triebzügen des Schweizer Bahnbauers Stadler im Stundentakt zwischen Wien, Linz und Salzburg verkehrt und damit als erster privater Bahnbetreiber dem staatlichen Platzhirsch ÖBB im Personenverkehr Konkurrenz macht.
Aggressiver Traum von Grossungarn
Wer die heilige Krone beleidigt, soll ins Gefängnis.
Der Schuss ging nach hinten los
Adrian Nastase Rumäniens Ex-Premier muss ins Gefängnis. Ein Suizidversuch war offenbar nur vorgetäuscht.
Besonders angeschlagen sieht er auf aktuellen Fotos nicht aus. Jedenfalls nicht wie ein Mann, der einen Suizidversuch knapp überlebt haben soll. Eher wie jemand, der nicht begreifen kann, dass er die nächsten Monate, vielleicht Jahre im Gefängnis verbringen soll. Rumäniens ehemaliger Premier Adrian Nastase ist soeben von einem Spital in die Krankenstation eines Bukarester Gefängnisses überstellt worden. Die Stahltüren schlossen sich hinter ihm. Erstmals sitzt damit ein osteuropäischer Ex-Regierungschef eine Freiheitsstrafe ab.
In den Händen des Sadisten
Zehn Jahre verbrachte Walter Nowak im Kinderheim des Thurgauer Klosters Fischingen. Er erzählt von Folter und Missbrauch. Obwohl ein Fachgremium seine Schilderungen als glaubwürdig einstufte, verweigert ihm das Kloster eine Entschädigung.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Walter «Walo» Nowak. Foto: Heribert Corn
Jetzt, nach 40 Jahren, kommt sogar die Geschichte mit den Kaninchen zurück. In letzter Zeit träumt Walter Nowak wieder von der Panik in den Augen der kleinen Tiere, kurz vor ihrem qualvollen Tod. Anfang der Siebzigerjahre musste sich Nowak mit seinen Mitschülern jeden Montagmorgen im Kloster Fischingen vor dem Terrarium mit Riesenschlangen aufstellen. Dann warf Pater S. ein weisses Kaninchen in den Glasbehälter. Ganz langsam zerdrückten die Reptilien ihre Beute. Die verängstigten Schüler mussten zusehen, niemand durfte sich abwenden. Und als das Tier gefressen wurde, erinnert sich Nowak, «sah ich in den Augen des Priesters Freude und Lust. Wie bei einem Orgasmus.»
Stirb langsam - auf die ungarische Art
Hollywood hat Budapest als Drehort entdeckt und einige Überraschungen erlebt: horrende Rechnungen, gestohlene Autos - und einen beherzten Einsatz der ungarischen Polizei.
Bernhard Odehnal, Budapest
Leicht hat es der Mann ja wirklich nicht im Leben: Bruce Willis musste schon mutterseelenallein gegen Geiselnehmer in einem Hochhaus, korrupte Söldner auf einem Flughafen, Terroristen in einer Schule und kriminelle Hacker im Internet kämpfen. Jetzt, in der fünften Folge der erfolgreichen Filmserie «Die Hard» (Stirb langsam), bekommt er es mit superbösen Russen zu tun. Aber weil Moskau weit weg, meistens kalt und immer unfreundlich ist, verlegte die Produktionsfirma den Dreh nach Budapest. Und bekam es dort mit einem Gegner zu tun, den nicht einmal Bruce Willis in Schach halten kann.
Ärger mit der Straßenbahn
Von Elisalex Henckel, WELT am Sonntag
Die alte Wiener Straßenbahn sieht freundlich aus mit ihrem roten Bauch und dem weißen Rücken. Früher freute ich mich immer, wenn sie kam. Vielleicht weil sie mich, vor dem Führerschein, dorthin gebracht hatte, wo es aufregend war: in Kinos, Einkaufsstraßen oder Bars. Mit dem Bus war es immer nur in die Schule oder wieder nach Hause gegangen.
Ein strenges Gesetz mit Löchern
Die Schweiz und Österreich gehören zu den letzten Ländern ohne Regeln. Doch nun bewegt sich die Wiener Politik.
Mühsam waren die Verhandlungen. Viel Widerstand musste überwunden werden. Sowohl von Geldgebern wie von den -nehmern. Diese Woche aber konnten die Parteien doch ein Ergebnis präsentieren: eine Durchleuchtung der Parteienfinanzierung, die sich «international sehen lassen» könne und «europaweit vorbildlich» sei. Haben sich die Schweizer Parteien also doch bewegt? Wollten sie nicht länger als schwarze Schafe in Europa gelten? Aber nein, in Bern will der Bundesrat weiter keine Transparenz bei Parteispenden.