Alle gegen die Aufdeckerin
In Österreich verteidigt die Grüne Gabriela Moser den Korruptionsausschuss im Parlament. Die anderen Parteien fordern ihren Kopf.
Man könnte meinen, die Zukunft des Parlamentarismus in Österreich hänge derzeit alleine an einer Frau. Besser gesagt: an ihrem Rücktritt. «Sie kann es nicht», «sie muss weg» - darin sind sich die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP ausnahmsweise mit den rechtspopulistischen Oppositionsparteien FPÖ und BZÖ einig. Mit «sie» ist Gabriela Moser gemeint, Abgeordnete und Verkehrssprecherin der Grünen, seit Januar 2012 Vorsitzende jenes parlamentarischen Ausschusses, der die grossen Korruptionsfälle der vergangenen zehn Jahre untersuchen soll.
Mut sieht anders aus
Missbrauch: Das Kloster Fischingen lässt die Vorwürfe untersuchen.
Das Thurgauer Kloster Fischingen will Licht ins Dunkel bringen. Vor knapp drei Monaten berichtete der TA zum ersten Mal über die Vorwürfe des ehemaligen Zöglings Walter Nowak, er sei im Kinderheim in den 60er- und Anfang der 70er-Jahre von einem Pater geschlagen und sexuell missbraucht worden. Jetzt will der Trägerverein des Klosters, der Verein St. Iddazell, die Vorwürfe von einer unabhängigen Stelle untersuchen lassen. Das klingt nach einem mutigen Schritt.
Koller entdeckt das österreichische Sieger-Gen
Österreich fühlt sich stark genug, um heute Erzrivale Deutschland zu schlagen.
Österreichs Captain Christian Fuchs hat ein «sehr gutes Gefühl», Mittelfeldspieler Veli Kavlak tippt auf einen 2:1-Sieg, und der ehemalige Nationalspieler Hans Krankl glaubt sogar an einen 3:2-Erfolg. Das Selbstbewusstsein der Österreicher vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Deutschland heute Abend in Wien (20.30 Uhr) kennt kaum Grenzen. Bestätigt werden sie durch deutsche Medien, die sich über die «Angst vor den Ösis» (so die «Bild») wundern und der österreichischen Mannschaft «echte Typen» zugestehen.
Orban brüskiert den Währungsfonds
Ungarns Premier hat Bedingungen für einen IWF-Kredit abgelehnt. Der Versuch, in Aserbeidschan einen potenten Partner zu gewinnen, endete aber bereits in einem Desaster.
Von Bernhard Odehnal, Wien
Viktor Orban zeigte wieder einmal gutes Gespür für die richtige Inszenierung. Mit aufgerollten Hemdsärmeln, ernstem Blick und Sorgenfalten auf der Stirn stellte er sich vergangene Woche vor eine wackelige Handkamera und teilte den Zusehern mit, dass Ungarn niemals die neuen Bedingungen des Internationalen Währungsfonds (IWF) akzeptieren könne. Die Absage des ungarischen Regierungschefs erschien exklusiv auf seiner Facebook-Seite und liess Freunde und Gegner etwas ratlos zurück.
Ungarische Roma gründen Schutztruppe gegen Rechtsextreme
In der südungarischen Stadt Pécs hat ein Vertreter der Roma-Minderheit die Gründung einer eigenen Schutztruppe bekannt gegeben. Ferenc Bagó will 400 Mitglieder für seine Gruppe rekrutiert haben und sie auf bis zu 8000 Mann aufstocken. Aufgabe der Truppe soll der Schutz von Roma, Juden und anderen Minderheiten vor Übergriffen der rechtsextremen Ungarischen Garde sein - so lange, bis die Polizei eingreift. Bagó nennt sich auch «Hauptmann Daflics», hat eine Glatze und die Figur eines Bodybuilders. Er lässt sich in schwarzem T-Shirt und fingerlosen Lederhandschuhen fotografieren, auf einem Bild ist er mit Schwert zu sehen. Er betont jedoch den friedfertigen Charakter seiner Truppe. Den von ungarischen Medien verwendeten Ausdruck «Roma-Garde» lehnt er auf seiner Facebook-Seite ab: «Wir sind eine Friedenstruppe. Wir Ungarn sitzen alle in einem Boot. Zigeuner und Nichtzigeuner!»
Ringier gibt «Népszabadság» auf
Um die Fusionspläne mit Axel Springer nicht zu gefährden, verkauft der Schweizer Medienkonzern Ungarns letzte unabhängige Tageszeitung.
Der Schweizer Medienkonzern Ringier möchte sein Engagement in Ungarn reduzieren und die Tageszeitung «Népszabadság» verkaufen. Was bisher nur als Gerücht durch ungarische Redaktionsräume geisterte, wurde vergangene Woche durch den Minderheitseigentümer der Zeitung bestätigt. Die Stiftung für freie Presse, die von der Sozialistischen Partei Ungarns gegründet wurde und ihr weiterhin nahesteht, hält derzeit 27,7 Prozent an der Aktiengesellschaft, Ringier hat 70,8 Prozent, der Rest gehört den Redaktoren. In einem Interview bestätigte der Stiftungsvorsitzende Laszlo Kranitz, dass Ringier seine Anteile verkaufen wolle. Die Stiftung habe ein Vorkaufsrecht und ein «korrektes Kaufangebot» präsentiert. Ringiergibt zu seinen Geschäftsbeziehungen keinen Kommentar ab. Ungarn ist das letzte Land im Osten Europas, in dem der Schweizer Medienkonzern noch keine Partnerschaft mit dem deutschen Axel-Springer-Konzern eingegangen ist. Die ungarische Medienbehörde will diese Fusion aber nur genehmigen, wenn sichRingier von «Népszabadság» trennt.
Juden werden wieder auf der Strasse beschimpft
In Österreich und Ungarn häufen sich antisemitische Attacken. Staat und Gesellschaft reagieren beiderorts gleichgültig.
Es geschah am helllichten Tag auf einem der belebtesten Plätze Wiens. EinRabbiner der jüdischen Gemeinde war auf dem Weg zur Synagoge, als er hinter sich die lautstarke Aufforderung «Scheiss-Juden, haut ab!» hörte. Als sich der Mann umdrehte, stand da vor ihm ein Fussballfan, streckte seine rechte Hand zum Hitlergruss aus und brüllte: «Hau ab, du Scheiss-Jude. Juden raus! Heil Hitler!» Der Vorfall wurde nicht nur von Passanten, sondern auch von der Polizei beobachtet.
Ungarns letzte liberale Zeitung bangt um ihre Existenz
«Népszabadság» gehört zu den wenigen ungarischen Medien, die kritisch über die Regierung berichten. Nun herrscht Unruhe auf der Redaktion: Will der Schweizer Medienkonzern Ringier das Blatt verkaufen?
Das Bürohaus in der Budapester Becsi ut (Wiener Strasse) ist gespenstisch leer. Wo einst Hunderte Menschen arbeiteten, sind Zimmer und Gänge verwaist. Nur die Redaktionsbüros der Zeitung «Népszabadság» sind noch besetzt. Aber die Stimmung ist schlecht, geprägt von Nervosität und Gerüchten. Ungarns letzter grosser unabhängiger Zeitung droht der Verkauf und damit ein ungewisses Schicksal.
Reise zu Jörgs Millionengräbern
Kärnten, das südlichste Bundesland Österreichs, bietet neue Bauten und Skandale.
Von Bernhard Odehnal
Herzlich willkommen, meine Damen und Herren! Ich begrüsse Sie bei Korrupttours-Kärnten, dem einzigen Reisebüro, das Österreichs südlichstes Bundesland zeigt, wie es wirklich ist. Besteigen Sie unseren Bus, und lassen Sie sich in die Welt der Kärntner Politik entführen, wo Geld keine Rolle spielt und Moral ein Schimpfwort ist. Hauptsache, es war «a Gaude», wie wir sagen.
Früchte der Korruption
Kommentar. Bernhard Odehnal, Korrespondent für Osteuropa, über Rumänien nach dem Referendum.
Das Referendum in Rumänien hat den Streit zwischen Regierung und Präsident nicht beendet. Er wird eher noch heftiger und schmutziger werden. Für die Zeit bis zu den Parlamentswahlen im Herbst steht eine Schlammschlacht sondergleichen bevor. Weder Regierungschef Victor Ponta noch Präsident Traian Basescu sind Persönlichkeiten, die freiwillig auf Macht verzichten oder dem Gegner die Hand zur Versöhnung reichen können.