Tagesanzeiger

Juden werden wieder auf der Strasse beschimpft

4. September 2012

In Österreich und Ungarn häufen sich antisemitische Attacken. Staat und Gesellschaft reagieren beiderorts gleichgültig.

Von Bernhard Odehnal, Wien

Es geschah am helllichten Tag auf einem der belebtesten Plätze Wiens. EinRabbiner der jüdischen Gemeinde war auf dem Weg zur Synagoge, als er hinter sich die lautstarke Aufforderung «Scheiss-Juden, haut ab!» hörte. Als sich der Mann umdrehte, stand da vor ihm ein Fussballfan, streckte seine rechte Hand zum Hitlergruss aus und brüllte: «Hau ab, du Scheiss-Jude. Juden raus! Heil Hitler!» Der Vorfall wurde nicht nur von Passanten, sondern auch von der Polizei beobachtet.

Wenn Roma als Küchenschaben gelten

25. September 2009

Der Rassismus gegen Roma steigt in Tschechien, der Slowakei, Rumänien und Ungarn dramatisch an. Neonazis werfen Brandsätze und morden, der Mittelstand applaudiert. Sind alle Versuche der Integration gescheitert?

Von Bernhard Odehnal, Prag

Diese Bilder schockierten eine Nation: Vermummte Jugendliche schmeissen Steine, Flaschen und Feuerwerkskörper, zünden Müllcontainer und Autos an, errichten Barrikaden. Ihnen gegenüber Polizisten in schwarzen Kampfanzügen, die Schlagstöcke, Wasserwerfer und Tränengas einsetzen. Die tschechische Presse schreibt danach von «bürgerkriegsartigen Zuständen»: Am 17. November 2008 marschieren rund 800 tschechische Neonazis vom Hauptplatz der nordböhmischen Industriestadt Litvinov in das am Stadtrand gelegene Ghetto Janov, um dort für «Ordnung» zu sorgen. Dass sie Gewalt anwenden wollen, legen sie schon im Motto ihres Aufmarsches fest: «Schluss mit den Samthandschuhen».

Ungarns letzte liberale Zeitung bangt um ihre Existenz

8. August 2012

«Népszabadság» gehört zu den wenigen ungarischen Medien, die kritisch über die Regierung berichten. Nun herrscht Unruhe auf der Redaktion: Will der Schweizer Medienkonzern Ringier das Blatt verkaufen?

Von Bernhard Odehnal, Wien

Das Bürohaus in der Budapester Becsi ut (Wiener Strasse) ist gespenstisch leer. Wo einst Hunderte Menschen arbeiteten, sind Zimmer und Gänge verwaist. Nur die Redaktionsbüros der Zeitung «Népszabadság» sind noch besetzt. Aber die Stimmung ist schlecht, geprägt von Nervosität und Gerüchten. Ungarns letzter grosser unabhängiger Zeitung droht der Verkauf und damit ein ungewisses Schicksal.

Reise zu Jörgs Millionengräbern

2. August 2012

Kärnten, das südlichste Bundesland Österreichs, bietet neue Bauten und Skandale.

Von Bernhard Odehnal

Herzlich willkommen, meine Damen und Herren! Ich begrüsse Sie bei Korrupttours-Kärnten, dem einzigen Reisebüro, das Österreichs südlichstes Bundesland zeigt, wie es wirklich ist. Besteigen Sie unseren Bus, und lassen Sie sich in die Welt der Kärntner Politik entführen, wo Geld keine Rolle spielt und Moral ein Schimpfwort ist. Hauptsache, es war «a Gaude», wie wir sagen.

Früchte der Korruption

31. Juli 2012

Kommentar. Bernhard Odehnal, Korrespondent für Osteuropa, über Rumänien nach dem Referendum.

Das Referendum in Rumänien hat den Streit zwischen Regierung und Präsident nicht beendet. Er wird eher noch heftiger und schmutziger werden. Für die Zeit bis zu den Parlamentswahlen im Herbst steht eine Schlammschlacht sondergleichen bevor. Weder Regierungschef Victor Ponta noch Präsident Traian Basescu sind Persönlichkeiten, die freiwillig auf Macht verzichten oder dem Gegner die Hand zur Versöhnung reichen können.

Gott vergibt, ein Tiroler nie

28. Juli 2012

Der Tod eines Wilderers vor 30 Jahren lässt ein Dorf nicht zur Ruhe kommen.

Nein, diese Geschichte ist nicht vorbei. Auch wenn sie eigentlich schon 30 Jahre zurückliegt. Aber in den tiefen Tälern Osttirols vergisst man nicht so schnell. Und so musste gar die Polizei ausrücken, als in Innervillgraten letzte Woche Johann Schett zu Grabe getragen wurde. Denn Schett hatte zwar Freunde im Villgratental. Aber auch Feinde. Und sein ärgster Feind will ihm nicht einmal die letzte Ruhe gönnen.

Railjet wird velotauglich

27. Juli 2012

Die ÖBB sträubten sich lange dagegen. Nun muss die Bahnbetreiberin doch sämtliche ihrer Paradezüge umrüsten.

Von Bernhard Odehnal, Wien

Railjet vor dem neuen Wiener HauptbahnhofAb dem kommenden Jahr werden die Tagzüge zwischen der Schweiz und Österreich wieder Velos befördern. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben beschlossen, ihren Paradezug Railjet so umzubauen, dass jeder Zug bis zu sechs Fahrräder mitnehmen kann. Zu diesem Zweck wird aus der Luxusklasse im vordersten Waggon ein Abteil ausgebaut und stattdessen werden Fahrradständer montiert. Auch eine Steckdose für E-Bikes soll es geben.

Bankprofessor Janssen liest österreichischer Bank die Leviten

26. Juli 2012

Für Verluste der Stadt Linz aus einer Währungswette macht Uniprofessor Martin Janssen vor allem deren Hausbank verantwortlich.

Von Bernhard Odehnal, Wien

So klare Worte hatte der Kontrollausschuss des Linzer Gemeinderates noch selten gehört. Von einem «unethischen Geschäft» sprach der Vortragende, von «Dummheit gepaart mit Überheblichkeit», von «Betrug im landläufigen Sinn». Die Stadt Linz sei «über den Tisch gezogen worden». Dieses Urteil stammt von Martin Janssen, Professor am Institut für Banking und Finance der Universität Zürich. Er war vom Gemeinderat Linz beauftragt worden, Verträge der Linzer mit der Bank für Arbeit und Wirtschaft (Bawag) zu prüfen und zu beurteilen. Am Dienstag dieser Woche präsentierte er in Linz das Ergebnis.

Pater S. bestreitet den Vorwurf, Schützlinge im Kloster Fischingen missbraucht zu haben

18. Juli 2012

Er habe nichts zu verbergen, sagt Pater S. Ein Ex-Zögling wirft ihm vor, er habe sich als Erzieher im Kinderheim des Klosters Fischingen durch Sadismus hervorgetan.

Von Bernhard Odehnal, Wien

Ein ehemaliger Erzieher des Kinderheims Fischingen wehrt sich gegen die Vorwürfe, er sei gewalttätig gewesen und habe Schützlinge sexuell missbraucht. In der gestrigen Ausgabe der «Thurgauer Zeitung» und des «St. Galler Tagblatts» bezieht Pater S. erstmals Stellung zu den Vorwürfen, die einstige Zöglinge im TA gegen ihn erhoben haben. Er sei fassungslos, wird S. zitiert, «ich habe nichts zu verbergen». Ebenfalls zu Wort kommt ein Ex-Schüler von S., der heute Gymnasiallehrer in Uster ist: Er habe S. als «hervorragenden Lehrer» kennen gelernt, ohne jede Neigung zu Gewalt oder Pädophilie. Die Vorwürfe seien ein «unglaublicher Rufmord».

Ihr könnt euch niemals sicher fühlen

20. Juli 2012

Die Enttarnung von Laszlo Csatary mag wenig zimperlich verlaufen sein. Doch was zählt, ist seine Verhaftung.

Von Bernhard Odehnal, Wien

Kann es so viel Zufall geben? Ungarns Präsident Janos Ader besucht Israel und hält eine Rede vor der Knesset. Zur gleichen Zeit wird in Budapest einer der letzten noch lebenden mutmasslichen Nazikriegsverbrecher verhaftet: Laszlo Csatary soll für die Misshandlung und Deportation von mehr als 15 000 ungarischen Juden aus der Stadt Kassa (heute: Košice) 1944 verantwortlich sein. Nein, die Gleichzeitigkeit ist kein Zufall. Die ungarische Regierung suchte einen Notausgang in letzter Sekunde. Internationale und bilaterale Beziehungen standen auf dem Spiel.

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